Episode 230: Das Blut eines Dichters und der frühe surrealistische Film
Ein Schornstein stürzt ein. Ein Dichter zeichnet ein Gesicht auf Leinwand. Plötzlich beginnt der gezeichnete Mund zu reden. Irritiert wischt der Dichter diesen ab, nur um ihn kurz darauf auf seiner Hand wiederzufinden. Da die Reinigung der Hand nicht hilft, wird der Mund schnell auf eine Statue gepackt, die natürlich kurz darauf zu leben beginnt. Sie schickt den Dichter durch einen Spiegel in eine Paralleldimension, wo er in einem Hotelflur durch die Schlüssellöcher verschiedene Szenen betrachtet: Ein Revolutionär der wieder und wieder erschossen wird, ein gezüchtigtes Kind, das an der Decke schwebt, ein Hermaphrodit umgeben von Pentagrammen… schließlich hat der Dichter genug und erschießt sich… und landet zurück in seiner Welt. Er zerstört die Statue und wird selbst zu einer. Kinder machen eine Schneeballschlacht, die langsam in tödliche Gewalt eskaliert. Ein Tisch wird aufgebaut: Ein Mann und eine Frau spielen Karten, beobachtet von einem amüsierten Theaterpublikum. Auch dieses Kartenspiel endet tödlich. Ein Engel kommt vorbei, die Frau wird zur Statue, führt einen Ochsen irgendwohin, landet in einem Gitarrenkasten. Ein Schornstein stürzt ein.
Nein, das ist mir nicht heute im Büro passiert, sondern das ist so ziemlich genau die Chronologie der Handlung von Jean Cocteaus erstem Spielfilm Le Sang d’un poète – Das Blut eines Dichters – aus dem Jahr 1930. In vier Sequenzen erzählt, 50 Minuten lang, konsequent der Logik des Traums gehorchend. Ein Film des Surrealismus, nur ein Jahr nach dem berühmten Un Chien Andalou von Salvador Dail und Luis Bunuel. Natürlich wollte Cocteau nie diesem Genre zugeordnet werden. Weil Schubladen sind etwas für Konformisten, Bitch! Aber der Film atmet den Geist dieser Epoche und auch dieser spezifischen Kunstrichtung: Symbolisch aufgeladen, freudianisch, traumhaft, ohne kohärente Logik… soweit so prätentiös, so weit so kunsthistorisch bedeutend.
Aber wir wollen natürlich unabhängig davon Filme empfehlen. Und müssen uns jetzt die Frage stellen: Ist das ein sehenswerter Film? Johannes, Rede!
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 230: Das Blut eines Dichters und der frühe surrealistische Film Publishing Date: 2025-05-28T11:26:05+02:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2025/05/28/episode-230-das-blut-eines-dichters-und-der-fruehe-surrealistische-film/
Johannes Franke: Du kannst noch so tief in dich selbst hineingehen, du hast immer Echos der Gesellschaft in dir. WAHRE Worte, ja. Das werde ich einmal auskoppeln als Single. Das muss ich mir doch als... Er hat mir zugeschickt. Das mache ich mir als Klingelgrund.
Florian Bayer: Wahre Worte von einem wahren Menschen.
Johannes Franke: Och, danke. Wieder zum klassischen Hollywood. War das unser neues Intro? Für unseren absoluten Klassiker, den wir heute besprechen. Meine Damen und Herren, herzlich willkommen hier zum Muss-man-sehen-Podcast.
Florian Bayer: Wo wir uns gegenseitig Filme zuwerfen, frei nach dem Motto, Alter, den musst du gesehen haben. Diese Woche nicht. Diese Woche habe ich nämlich gesagt, Johannes, ich muss unbedingt Filmlücken schließen. Und ich weiß, dass du mir diesen Film oder Werke von diesem Regisseur niemals geben wirst. Deswegen schmeiß ich, die jetzt einfach mal rein haben, deswegen einen echten Klassiker des surrealen Kinos geguckt. Und zwar das Blut eines Dichters von Jean Cocteau.
Johannes Franke: Den ich vorher nicht als Filmemacher abgespeichert habe, sondern eher als Dichter.
Florian Bayer: Den ich nur als Filmemacher abgespeichert habe. Was? Unter anderem, Weil die ganzen Regisseure der Nouvelle Vague, die ich ja unglaublich liebe, immer mal wieder sich auf ihn beziehen. Und er so genannt wird, Das ist einer der großen Einflüsse. Und natürlich auch, dass, wenn du mit egal von welchem surrealen Regisseur unserer Zeit ein Interview hörst, es wird immer der Name fallen. Also egal, und nicht nur unserer Zeit, sondern auch der 70er, 60er, 80er, Die beziehen sich alle auf Jean Cocteau.
Johannes Franke: Während Cocteau gesagt hat, wie jetzt Surrealismus,
Florian Bayer: damit nichts zu tun haben.
Johannes Franke: Nicht mein Ding.
Florian Bayer: Genau, wir haben den zusammen geguckt, Wir haben schon lange keinen Film mehr zusammengeschaut. 50 Minuten, geht das Ding? Wir haben geschaut und dann musste ich eine Woche warten, um meine Eindrücke loszuwerden. Und Johannes musste eine Woche warten, um seine Eindrücke loszuwerden, weil wir haben uns fest vorgenommen, wir reden nicht über den Film danach. Ich hoffe, ihr habt ihn auch gesehen. Es war nicht so lange, wenn nicht... Macht eine kurze Pause, setzt euch hin.
Johannes Franke: Es ist nicht schwer, es sind 50 Minuten, Es ist alles in Ordnung.
Florian Bayer: Und falls ihr ihn trotzdem immer noch nicht sehen, wollt, dann hört euch erstmal an, was ich zu sagen habe, dazu. Ein Schornstein stürzt ein. Ein Dichter zeichnet ein Gesicht auf Leinwand. Plötzlich beginnt der gezeichnete Mund zu reden. Irritiert wicht der Dichter diesen ab, nur, um ihn kurz darauf auf seiner Hand wiederzufinden. Da die Reinigung der Hand nicht hilft, wird der Mund schnell auf eine Statue gepackt, die natürlich kurz darauf zu leben, beginnt. Sie schickt den Dichter durch einen Spiegel in eine Paralleldimension, wo er in einem Hotelflur durch die Schlüssellöcher verschiedene Szenen betrachtet. Ein Revolutionär, der wieder und wieder erschossen wird. Ein gezüchtigtes Kind, das an der Decke schwebt. Ein Hermaphrodit, Umgeben von Pentagrammen. Schließlich hat der Dichter genug und er schießt sich. Und landet zurück in seiner Welt. Er zerstört die Statue und wird deshalb selbst so einer. Kinder machen eine Schneeballschlacht, die langsam in tödliche Gewalt eskaliert. Ein Tisch wird aufgebaut. Ein Mann und eine Frau spielen Karten. Beobachtet von einem amüsierten Theaterpublikum. Auch dieses Kartenspiel endet tödlich. Ein Engel kommt vorbei. Die Frau wird zur Statue. Sie führt einen Ochsen irgendwo hin. Sie landet in einem Gitarrenkasten. Ein Schornstein stürzt ein. Nein, das ist mir nicht heute im Büro passiert, sondern das ist so ziemlich genau. Die Chronologie der Handlung von Jean Cocteau's erstem Spielfilm Les Anges de Boët, Das Blut eines Dichters aus dem Jahr 1930. In vier Sequenzen erzählt, 50 Minuten lang, konsequent Der Logik des Traums gehorchend. Ein Film des Surrealismus, Nur ein Jahr nach dem berühmten UN Chien Andalou von Salvador Dalí und Louis Bonoel. Natürlich wollte Cocteau nie diesem Genre zugeordnet werden, Weil Schubladen sind etwas für Konformisten, Bitch. Aber der Film atmet den Geist dieser Epoche und auch dieser spezifischen Kunstrichtung. Symbolisch aufgeladen, freudianisch, traumhaft, ohne kohärente Logik, soweit so prätentiös, soweit so kunsthistorisch bedeutend. Aber. Wir wollen natürlich unabhängig davon Filme empfehlen und müssen uns jetzt die Frage stellen, Ist das ein sehenswerter Film? Johannes, rede!
Johannes Franke: Was?
Florian Bayer: Ah!
Johannes Franke: Jawohl, Herr Meister, Hauptmeister. Ich habe Folgendes zu sagen, ich habe keine Ahnung, was da passiert, und es ist mir vollkommen. schnuppe, Aber ich gucke mir trotzdem wahnsinnig gerne an.
Florian Bayer: Das ist doch schon mal ein schönes Urteil. Ich war voll unsicher, während wir den geguckt haben. Ich habe immer so ein bisschen zu dir Rüber geschieft, weil ich dachte, wie genervt ist Johannes. Und dann hatte Johannes auch noch sein Tablet auf dem Stoß und hat wild Notizen hingekritzelt. Und ich dachte, Oh, Gott, was ist das jetzt alles?
Johannes Franke: Oh, mein Gott,
Florian Bayer: so ein Scheiß, Was soll das alles? Was ist das für ein Mist? Und ich fand es total faszinierend. Auch so im Nachhinein habe ich nochmal über den Film nachgedacht. Ich habe so weit drüber nachgedacht, dass ich mir dann sogar noch tatsächlich den Orpheus angeguckt habe.
Johannes Franke: Oh, schön.
Florian Bayer: Weil ich gedacht habe, okay, wenn schon, dann will ich auch nochmal sehen, was er im Langfilmformat gemacht hat. Ja, ja, ja. Und das Testament des Orpheus habe ich noch nicht geguckt, werde ich mir aber bestimmt auch noch gucken. Um das gleich vorweg zu schicken, Ich fand Orpheus okay. Ich meine, es ist ein Klassiker. Ja. Aber ich finde, wenn man an surrealistische Kunst rangeht, Und wir werden über Surrealismus reden, weil es ist ein Fucking Surrealismusfilm. und... Er ist ein Fucking Surrealist und er kann mir noch was erzählen. von, nein, nein, Ich mach das ganz anders und ich folge dieser irrationalen Logik. Es ist kompletter Bullshit, Es ist ein Surrealfilm. Es ist Surrealfilm, ganz eindeutig. So was von. Und es ist krass, dass das ein Jahr nach Jean Andalou rauskam. Und ihn hat es wahrscheinlich auch gewurmt, dass Buñuel und Dalí eigentlich genau das gemacht haben, was er machen wollte. Und natürlich musste er sich da noch abgrenzen. Ich finde, es gibt eine bestimmte Art, Wie surrealistischer Film funktioniert. Und das ist entweder... Du machst konsequent diese Sequenzenlogik, Das ist das, was Buñuel auch in seinen späteren Filmen gemacht hat, auch im Filmformat, Dass Du Szene an Szene aneinander reißt und du wirklich das Gefühl hast, du bist so traumwandlerisch. Das ist das, was die surrealen Kurzfilme gemacht haben, Achean, Dalu und auch dieser. Du packst drumherum ein Handlungskorsett, was eine gewisse Intensität und Spannung erzeugt. Das, was David Lynch macht, um so den Berühmtesten zu nennen. Aber auch, was Jodorowsky gemacht hat, der meiner Meinung nach am besten die beiden Welten kombiniert hat. Aber du musst eines von beiden finden. Und bei Orpheus hat sich Cocteau, Glaube ich, so ein bisschen nicht entscheiden können, was er machen will. Und dadurch funktionieren beide Momente nicht. Also, es funktioniert weder als spannender Film, der irgendwie getragen wird durch irgendeinen emotionalen oder intellektuellen Kit, Und es ist auch nicht so eine surreale Traumsequenz, durch die du gerne wandelst.
Johannes Franke: Ich finde aber, dass der zweite Teil dieses Films, den wir jetzt vor uns haben, Aber auch eine andere Logik hat als der erste Teil. Logik? Nein, Logik im Sinne von, Was erzähle ich denn und wie erzähle ich? Will ich eine Dramaturgie oder will ich keine? Ich bin im zweiten Teil nämlich schon so ein bisschen verstört, wo ich denke, hä? Warum wird das plötzlich logisch? Warum wird das jetzt plötzlich erzählerisch? Warum erzählt Ihr mir jetzt plötzlich über einen längeren Zeitraum? Ursache-Wirkung?
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Und Ursache-Wirkung gibt es vorher nur in kurzen Sequenzen von Aktionen, Die leichten Ursachen und eine Wirkung haben, Aber dann verlässt er schon wieder den Pfad dieser Dramaturgie der Ursache-Wirkung.
Florian Bayer: Aber was meinst du mit Ursache-Wirkung? Die Schneeballschlacht zum Beispiel, wo die Kinder sich gegenseitig umbringen?
Johannes Franke: Ja, genau. Also ich meine, da ist ein Gedanke dabei, Da ist eine Absicht dabei, da ist ein Ziel dabei, da ist etwas dabei, was auch die Wirkung dann hat. Also das Kind zielt, schmeißt, jemand stirbt.
Florian Bayer: Das Universum funktioniert noch.
Johannes Franke: Ja, genau. Und das denke ich vorher eben nicht. Und das finde ich so ein bisschen verheiratet, zwei Teile oder Versuch, zwei Teile zu verheiraten. Und für mich funktioniert das gar nicht so sehr. Ich mag den Film trotzdem, das bringt den Film nicht zu. Fall. Aber ich finde den ersten Teil ehrlich gesagt, viel interessanter als den zweiten.
Florian Bayer: Ich finde den ersten Teil auch interessanter als den zweiten, obwohl... Beim ersten Teil man immer auch so ein bisschen. Das Gefühl hat, dass man entweder einer großen, dichterischen Masturbation oder dichterischen Lamoyanz beiwohnt. Der Dichter, der die ganze Zeit jammert, dass er nicht zu einem Ziel kommt, dass er nicht künstlerisch tätig sein kann, wie er es möchte, der sich opfert, und es ist so, also, man kann diesem Film ohne jeden Zweifel vorwerfen, dass er Fucking prätentiös ist, und man kann es wahrscheinlich auch der ganzen Gattung vorwerfen.
Johannes Franke: Ja, natürlich. Ich muss sagen, Jodorowsky mochte ich ja nicht. Ja.
Florian Bayer: Was ich nicht verstanden habe.
Johannes Franke: Du hast ihn mir mal vorgeworfen.
Florian Bayer: Ich hab Johannes den heiligen Berg gegeben, der mein Liebster Jodorowsky-Film ist.
Johannes Franke: Holy Mountain ist der absolute der absolute Scheiß.
Florian Bayer: Ich finde den so großartig. Das ist so ein schöner Film. Das ist für mich das Beste Aus. Surrealismus mit Hippie-Kunst mit fantastischer Action kombiniert. Das ist einfach geil.
Johannes Franke: Und ich finde, dass Cocteau, dass man mit diesem Film alle anderen auffischen kann, die ich gesehen habe in der Richtung. Uh,
Florian Bayer: auch den andalusischen Hund? Ja. Wow. Ja. Oh, das ist mal ein Urteil, krass, ja?
Johannes Franke: Weil ich tatsächlich finde, dass seine Art und Weise von einem zum nächsten zu kommen, im ersten Teil. zumindest, sagt mir viel mehr als alle anderen, die ich gesehen habe. Nun habe ich natürlich nicht so viel gesehen von dem Genre, weil mir Jodorowsky gereicht hat. Und ich den andalusischen Hund leider doch ein bisschen arg ekelhaft mit dem Auge fand. Aber ansonsten, also auch ein paar andere Sachen noch gesehen, Aber ich fand tatsächlich hier, Ich habe ihm wahnsinnig gern zugeschaut. Am Anfang.
Florian Bayer: Jodorowsky war ja eigentlich schon so Post-Surrealismus Und es gibt ja die knallharten Puristen, die sagen, nein, nein, Surrealismus, Das findet statt von 1920 bis 1930. Und dann ist das Ding vorbei. Und der surrealistische Film besteht aus zwei Filmen, nämlich Un Gien Andalou. Und das Goldene Zeitalter, der auch von Bonoel ist. Und sonst passt da nichts rein. Und es gibt nur die surrealen Künstler, Das sind die, die in dieser Gruppe waren.
Johannes Franke: Und die das Manifest auch geschrieben haben.
Florian Bayer: Die das Manifest geschrieben haben und so weiter. Wollen wir mal ganz kurz reinspringen in die Geschichte des Surrealismus? Ja,
Johannes Franke: das machen wir bitte.
Florian Bayer: Nichts, wovor man sich fürchten müsste. Wir halten es kurz und knapp.
Johannes Franke: Moment, Möchtest du Tee, Floor? Oh ja, sehr gerne. Klugscheißen. Mit Plur.
Florian Bayer: Surrealismus oder Surrealism ist eine von abertausenden modernen Kunstbewegungen, die um die Jahrhundertwende entstanden sind, Beziehungsweise, die vor allem von der Generation um die Jahrhundertwende geprägt wurden. Die Leute, die in den Ersten Weltkrieg gezogen sind, Die Leute, die konfrontiert waren mit der Moderne, die immer schneller wurde in der Zeit. Und die verschiedensten Auswege daraus gesucht haben. Also, Expressionismus, Dadaismus, Postimpressionismus. Man kann alles mögliche dagegen werfen. Es gab unzählige Richtungen. Und der Surrealismus hat, wie jeder einzelne von diesen, auch irgendwie so eine Sonderstellung da drin. Ich hoffe, das ist, glaube ich, für mich vor allem das Wichtige. Ich hoffe, es sind ein paar Worten, gleich zu sagen, was den Surrealismus, zum Beispiel vom Expressionismus unterscheidet oder vom Dadaismus. Und ich werde voll daneben. hauen, Weil. Es gibt natürlich Überschneidungen, Die Grenzen sind fließend, etc. pp. Zwei Namen sind wichtig für den Surrealismus. Der Erste ist Guillaume Apollinaire, ein Künstler, der den Begriff zum ersten Mal benutzt hat, wirklich früh in den 10er Jahren, noch vor dem Ersten Weltkrieg. Der Erste Weltkrieg war ja sowas ganz entscheidendes für viele Kunstgattungen aus der Zeit. So einfach ein epochales Ereignis, das die Welt einfach verändert hat. Und natürlich auch die Wahrnehmung der Realität durch diese ganzen modernen Künstler. Guillaume Apollinaire ist vor allem deswegen spannend, weil er in einen kleinen Skandal verwickelt war, Nämlich in den Diebstahl der Mona Lisa. Zusammen mit seinem Freund Picasso. Die waren beide eine Zeit lang verdächtig, für den Diebstahl der Mona Lisa verantwortlich gewesen zu sein. Die war 1911, war die aus dem Museum geklaut worden und dann gab es eine ganze Reihe an Verdächtigen, Vor allem aus dem Bereich der modernen Kunst, weil. Es gab offensichtlich davor Kunstaktionen von Leuten, die zeigen wollten, Wie schlampig die Museen mit. Kunst umgehen und die dementsprechend Kunst entwendet haben und dann in großen Aktionen selbst ausgestellt haben. Und so weiter. Es gab diesen einen Typen, der, hieß Gary Pierre, Der hat das Zeug gemacht und der hat eine Zeit lang bei Apollinaire und bei Picasso gewohnt. Und dementsprechend sind die da irgendwie mit reingekommen. Da hat sich alles nachher in Luft aufgelöst, Aber das ist tatsächlich so das Besondere. Apollinaire war ein Schriftsteller, hat Theaterstücke geschrieben, Der hat den Begriff Surrealismus benutzt. Der zweite große Begriff, Und das war mehr oder weniger. Ein Schüler von Apollinaire, Das war Breton. Und das ist wahrscheinlich der Name, den man heutzutage am ehesten mit dem Surrealismus verbindet. André Breton war, wie viele surrealistische Künstler auch so ein Universalkünstler, Universalgenie. Und der hat den Begriff in den frühen 20er Jahren, also nach dem Ersten Weltkrieg geprägt. Und der hat auch das berühmte Manifest des Surrealismus geschrieben. Im Jahre 1924. Und 1930 gab es eine Fortsetzung, weil es so erfolgreich war. Wann werden wir schlafende Logiker, Schlafende Philosophen haben? Ich möchte schlafen, um mich dem Schlafenden hingeben zu können, wie ich mich denen hingebe, welche mich mit offenen Augen lesen, um bei diesem Thema nicht mehr den bewussten Rhythmus meines Denkens überwiegen zu lassen. Mein Traum der letzten Nacht setzt vielleicht den der vorhergehenden Nacht fort. Und vielleicht erfährt er in der kommenden Nacht seine Fortsetzung in löblicher Folgerichtigkeit. Das ist wohl möglich, heißt es. Und da es keineswegs erwiesen, ist, dass auf diese Weise die Wirklichkeit, die mich beschäftigt, im Traume. Weiter besteht, dass sie nicht ins Uninnerliche versinkt, warum sollte ich dem Traum nicht zugestehen, was ich zuweilen der Wirklichkeit verweigere? Jenen Wert der eigenen Gewissheit, nämlich, der während der Traumspanne ganz und gar nicht von mir geleugnet wird. Traum. Ganz wichtiger Begriff. Die Surrealisten waren... Ganz stark inspiriert von Freud und von C.G. Jung und von der Traumdeutung, von der Traumanalyse. Und das ist, glaube ich, auch schon so ein ganz wesentlicher Unterschied zu anderen modernen Bewegungen. Während die Expressionisten gesagt haben, Wir wollen die Realität auffangen und wir wollen das Krasse, was auf uns reinprasselt, Diese Erfahrung der Großstadt, der Moderne, Die wollen wir irgendwie in Kunst umsetzen. Es gibt kein Innen und außen mehr. Alles ist Eindruck, alles verwicht. Wenn wir Häuser, malen, dann sind es so monströse Fassaden und so weiter. Und während die Dadaisten gesagt haben, Wir wollen Geschwindigkeit, wir wollen Speed, Wir wollen Gedichte, die wie eine Rennbahn sind, War der Surrealismus immer mehr introspektiv. Auch immer darum, in den eigenen Gedankenstrom hinabzutauchen, in die eigene Traumwelt und vor allem ins eigene Unterbewusste. Und selbst wenn die Surrealisten, unter anderem auch Breton, immer gesagt haben, der Surrealismus, Der ist eigentlich so eine absolute Realität, also Das ist der Begriff, den Breton benutzt, hat, Der hat gesagt, Wir wollen irgendwie eine bessere Realität. Und das schaffen wir, indem wir diese Gegensätzlichkeit von Traum und Wirklichkeit aufheben. Und dann kommen wir zu dieser Surrealität, zu dieser absoluten Realität. Obwohl sie das gesagt haben, so eine Schmelzung eigentlich propagiert haben, habe ich das Gefühl, Im Surrealismus ging es immer vor allem darum, abzutauchen und... Den Weg ganz tief ins Innere zu nehmen. Was erlebe ich im Traum? Was erlebe ich in der Fantasie? Und dementsprechend ist der Surrealismus auch wahrscheinlich von diesen modernen Kunstbewegungen. Die eskapistischste. Einfach, weil sie weniger versucht, die Realität aufzufangen. Und vielmehr, ja, teilweise wirklich flieht. Aus der Realität. Wenn wir zum Beispiel an die Gemälde von Salvador Dalí denken, diese Strände, wo dann Uhren zerfließen, wo Figuren so verlassen rumstehen, Dann sind das ja so traumwandlerische Bilder, die wenig politische Agenda und wenig Expressivität zu haben, scheinen.
Johannes Franke: Ja, Cocteau wollte das ja auch immer nicht. Er hat ja auch immer gesagt, er hat keine politische Agenda oder so. Das war ihm ja auch sehr wichtig. Und
Florian Bayer: und das hat sich später auch nochmal geändert. Also, es gab diese eine große Bewegung, Das Surrealismus, Diese erste Bewegung. Und viele sagen, Viele Posten sagen, das sind die einzigen Surrealisten. Wo dann so Leute drin waren wie André Breton, der quasi der Gründer war. Salvador Dalí wird dazu geordnet. René Magritte, Der hat ja auch ähnliche Bilder gezeichnet, die ähnlich realitätsfliehend sind. Und danach hat sich aber, als die sich aufgelöst hat. Und das war so in den 30ern, Das ist so. Der Zweite Weltkrieg oder die Nazis. Und so haben auch da ihre Spuren hinterlassen, haben sich immer wieder neue Gruppierungen formatiert und die waren auch teilweise politischer. Also zum Beispiel in den 50ern, die Situationistisch-Internationale, die gesagt haben, Ja, wir benutzen diese Ideen des Surrealismus, aber wir wollen auch Realität ändern, Wir wollen Realität formen. Das, was man davor bei ganz vielen avogadistischen Bewegungen hatte, Die meisten Avogadisten haben sich ja politisch gesehen. Egal, ob es die Expressionisten oder die Dadaisten, Die hatten alle so einen politischen Anspruch, und das hatte der Surrealismus in seiner Reihenform nicht so stark, aber später durchaus. Und es waren natürlich alles Avantgardisten. Das heißt, es waren Menschen der Moderne, das heißt, es waren Menschen, die mit der Gesellschaft kollidiert, sind, die vor allem mit dem Christentum kollidiert sind, die mit dem Konservatismus kollidiert sind und die sich auch in dieser Rolle sehr gut gefallen haben.
Johannes Franke: So als Hinweis, Du weißt schon, dass ich den Klugscheißen mit Plor-Jingle einspielen werde.
Florian Bayer: Natürlich machst du das. Und dann ganz kurz noch, was zum Kino-Disturialismus zu sagen, weil. Das ist auch eine sehr junge Erscheinung. Wenn Cocteau diesen Film dreht, dann ist Jean Andalou ein Jahr alt von Bonoel und Dalí. Und da gibt es auch einen wesentlichen Unterschied, nämlich Bonoel, war jemand, der provozieren wollte. Und ich finde auch, Der andalusische Hund ist deutlich krasser von der Bildsprache, Deutlich gewalttätiger und auch aufrührerischer. Nette Episode. Bonoel stand bei der Premiere von diesem Film hinter der Bühne, bewaffnet mit Steinen. Er hatte seine Taschen voll mit Steinen und er stand hinter der Bühne. Und er hat gezittert, sagt er, Aber ich glaube, er hat sich auch ein bisschen drauf gefreut. Der wollte Krawall.
Johannes Franke: Ja, na klar.
Florian Bayer: Er hat drauf gewahrt, dass alle ausrasten, dass es ein riesiges Fiasko gibt. Und dann war der Film vorbei, und dann gab es Applaus. Und er stand da, und er sagt so, ja, und ich habe die Steine in meiner Tasche gespürt. Und sie haben sich so schwer angefühlt. Und ich dachte, jetzt muss es doch gleich losgehen. Gleich beginnt das Chaos und die Wut und nichts. Und er stand da mit den Steinen in der Tasche und das muss der enttäuschendste Moment seines Lebens gewesen sein. Ein Jahr später hat er seine Gerechtigkeit bekommen, Nämlich mit L'Agedor, Goldene Zeitalter, als rechte Gruppierungen, die Premiere des Films gestört haben. Es zu tumulten kam und der Film deswegen verboten wurde, weil gesagt wurde, nein, nein, Die innere Sicherheit können wir nicht gewährleisten, solange dieser Film gespielt wird. Und das hatte dann ja auch einen Einfluss auf die Entstehung von diesem Film, von dem wir jetzt reden, Der nämlich einen ähnlichen finanziellen Background hatte. Der wurde nämlich auch von einem Patron. Und dieser Patron hatte unter anderem auch Lagedorf finanziert.
Johannes Franke: Das ist das Ding. Die waren ja gleichzeitig in der Mache und dann in der Rezeption, wurden die beiden zusammengeworfen. Und beinahe hätte es ihn eben auch erwischt. Mit Verbot. Er musste wenigstens auch eine kleine Sache ändern, Aber da können wir gleich noch drauf eingehen.
Florian Bayer: Jal de Noailles. Ich habe ihn komplett falsch ausgesprochen. Entschuldigung, Frankreich. Der hat diesen Film gedreht. Das war ein Förderer der Künste. Das war ein reicher Mensch. Und der hatte mit seiner Frau ein Haus gekauft, nämlich das Hotel Particulier Ablas de Sétar Unis. Das hat er restauriert und da haben sich die Künstler rumgetrieben und die Künstlerinnen. Und die haben offensichtlich wilde Partys gefeiert. Und er hat dann Filme von Man Ray und von Louis Buñuel und eben von Cocteau finanziert. Und der durfte ja auch in dem Film. mitspielen. Das war mit ein Grund, warum da nachher geschnitten werden musste, weil. Er war nicht schockiert darüber, was Pogto mit ihm und seinen Freunden gemacht hat. Er hat gesagt, ey, wir haben doch hier diese illustre Gesellschaft, ihr seid jetzt unser Theaterpublikum, setzt euch mal auf den Balkon, applaudiert.
Johannes Franke: Sie wussten nicht, was Sie da applaudieren. Und im Schnitt haben Sie dann gesehen, dass sie applaudiert haben, während der Typ Da unten stirbt. Das wollen wir nicht. Dann musste er das nochmal drehen und das da kommen. Aber dann andere Leute dazu, die auch sehr spannend sind.
Florian Bayer: Und um ganz kurz, das noch abzuschließen, den Kugscheißer Historiker-Moment, ganz kurz was zu Cocteau. War auch ein Mensch dieser Generation, 1889, geboren. Es war jemand, der Kriegserfahrung. Sammeln wollte, der sich gemeldet hat, zum Dienst, der allerdings als frontuntauglich befunden wurde. Der dann eigentlich schon seit den 1910er Jahren als Universalkünstler tätig war, Vor allem als Dichter und als
Johannes Franke: Maler. Er hat mit 19 sein erstes Gedichtband veröffentlicht. Ja,
Florian Bayer: Total krass. Und der sich eigentlich immer als Poet verstanden hat, immer als Dichter verstanden hat, Obwohl er später vor allem wegen seiner Filme rezipiert, wurde, eine Zeit lang. Vor allem wegen seiner Bilder, hat er gesagt, alles, Poesie, Alles, was ich hier mache, ist Poesie. Und das Blut eines Lichters ist sein erster Film und in der Folgezeit hat er sehr lange nichts gedreht.
Johannes Franke: 16 Jahre lang.
Florian Bayer: Ja. Und dann hatte er mit La Belle et La Bête, den wollte ich auch noch schauen, hatte er einen großen Filmerfolg, der offensichtlich mehr in die realistische Richtung geht. Oder fantastische Genre-Kino-Richtung. Und hat dann aber gesagt, naja, Das Blut eines Dichters ist ja eigentlich der Auftakt zu einer Trilogie und hat 1949 den Orpheus-Mythos verfilmt, in unsere Zeit verlegt. Das ist der Film, den ich gesehen habe. Und hat dazu dann nochmal eine Fortsetzung gedreht, 1960 Das Testament des Orpheus. Und hat gesagt, Die drei gehören jetzt zusammen. Und nachdem ich Aufweis gesehen habe, kann ich sagen, äh, wie?
Johannes Franke: Hören die zusammen und du weißt nicht, wieso?
Florian Bayer: Nein, es lässt sich nicht so richtig sagen. Es macht genauso wenig Sinn, wie das, was Cocteau teilweise über seinen Film sagt. Um zu sagen, dass sich sein Film unterscheidet. Von einem andalusischen Hund oder von der Kunst des Surrealismus, hat er einen großen Bogen gespannt. Er hat viele Texte verfasst, dazu. Warum? Das kein Surrealer Film ist. Warum das nicht so ist wie nicht mit Traum. Und ich finde, es liest sich wie kompletter Quatsch und zurückrudern und so. Ich muss irgendwie erklären, warum ich was Besonderes bin. Seht mich an, ich bin was Besonderes.
Johannes Franke: Oh Mann, Dabei ist er was Besonderes. Ich finde nämlich, dass er tatsächlich, Wenn du das Ganze erzählst von den ganzen Surrealisten und was die wollen und was Sie nicht wollen. Und so weiter. Für mich ist der Surrealismus, Vielleicht biege ich mir das auch zurecht, wie ich das gerne haben möchte, Aber Surrealismus ist vor allem für mich dieses Assoziative. Ja,
Florian Bayer: ganz wichtig. Für das Traumhafte.
Johannes Franke: Genau, das Traumhafte, dieses Assoziative. Man kommt von einem ins andere, und das hat vielleicht eine Lose miteinander zu tun, Aber das hat dich in die Richtung geworfen. Und dein Traum sagt jetzt, okay, Dieser SPIEGEL erinnert mich an einen Pool, Da muss ich rein. Und dann bin ich in diesem Raum aus der Dunkelheit geboren und so. Das sind alles so Assoziationen, die auch kein Ego vertragen. Ja. Und dieses Ego, finde ich, Kommt vielen Künstlern dann in den Weg. Und ich finde, dass der erste Teil, leider wirklich nur der erste Teil von diesem Film, So herrlich frei von Ego in dem Sinne ist. Künstler, ja. Also, es ist dieses künstlerische, Oh, mein Gott, fällt mir noch was ein. Was muss ich tun? Muss ich mich umbringen für meine Kunst? Ich muss mich umbringen und wieder neu geboren werden, um etwas zu schaffen und so weiter. Aber dieses Ego meine ich nicht. Ja. Ich meine dieses andere Ego, von was gelte ich anderen gegenüber, was will ich anderen damit sagen, was will ich das andere damit anstoßen oder was ist meine gesellschaftliche Aufgabe da? drin. Und das finde ich alles totaler Quatsch für Surrealismus und deswegen ist der erste Teil für mich perfekter Surrealismus. Und alles andere, was ich gesehen habe, ist immer ein kleines bisschen zu viel Ego.
Florian Bayer: Was ich tatsächlich Mindblowing fand? Im ersten Teil, ich meine, Wir haben nie einen alten Film vor uns, aber der ist vielleicht nicht. State-of-the-Art-Tricktechnik, aber unglaublich kreativ in der Nutzung von Tricktechnik. Und ich finde, das ist eigentlich, wenn andere surrealistische Filme, die ich gesehen habe, Die sind, also auch von Dali und Bonoel und Man Ray, Die sind deutlich rougher, Die sind deutlich dreckiger. Und du hast so das Gefühl, da wird nicht so viel Liebe in die Technik investiert. Und wenn wir an die großen, frühen... Tricktechnikfilme denken, dann denken wir an Straightforward Fantasy Filme, natürlich an Melies, zum Beispiel.
Johannes Franke: Ja, genau, genau.
Florian Bayer: Und dieser Film hat das aber alles, Der hat so viele tolle Momente, wo du denkst, wow, da hat sich jemand wirklich Gedanken gemacht, wie man eine Bildsprache finden kann. Eine dem Kino würdige Bildsprache. Und er wollte es ja auch offensichtlich als Trickfilm drehen, ne? Ja,
Johannes Franke: ursprünglich sollte es ein Trickfilm werden, Aber das kam vor allem, glaube ich, von dem Musiker, der mit ihm gesprochen hatte, irgendwann mal in irgendeine Opiumhöhle. Er war nämlich auch opiumsüchtig, muss man sagen. Und die haben sich unterhalten. Und der Musiker wollte eigentlich mal einen Trickfilm vertonen. Ja. Und dann haben sie sich unterhalten. Und dann hat er gesagt, ja, dann machen wir den Trickfilm. Und dann entwickelte sich das aber auf Seiten von Cocteau eher in eine andere Richtung. Und dann hat er, den den Musiker aber mit dabei behalten, hat gesagt, komm, Wir machen einen Film, der der Physik oder der Logik eines Trickfilms folgt, der genauso frei ist und genauso frei drehen kann wie ein Trickfilm.
Florian Bayer: Was ich auch spannend finde daran, Es ist nicht nur ein Film, der der Logik eines Trickfilms folgt, sondern es ist auch ein Film, Es ist ein Tonfilm.
Johannes Franke: Es ist ein toller Tonfilm.
Florian Bayer: Es ist ein Tonfilm aus dem Jahr 1930, Das muss man nochmal so betonen. In der Frühphase des Tonfilms 1927 kam The Chess Singer raus, der erste Tonfilm. Das war ein Hollywood-Ding.
Johannes Franke: Charlie Chaplin, Der große, Große Charlie Chaplin hat erst zwei Jahre später, Glaube ich, Drei Jahre später, vier Jahre später, 1932 ist dieser Film herausgekommen. 1934, glaube ich, ist der erste Tonfilm von Chaplin herausgekommen.
Florian Bayer: Und die Surrealisten, Die haben alle Stummfilme gedreht. Die haben noch lange in die 30er hinein Stummfilme gedreht. Und der Film hatte auch ganz viele Stummfilm-Momente.
Johannes Franke: Natürlich,
Florian Bayer: klar. Und der Ton ist auch nachträglich reingebracht.
Johannes Franke: Ja, merkt man auch immer mal wieder, aber total gut, trotzdem.
Florian Bayer: Aber das ist auch für mich so ein Zeichen, Wie viel Liebe da drinsteckt, State-of-the-Art-Technik zu benutzen.
Johannes Franke: Ja, ja,
Florian Bayer: ja. Und gleich diese ersten Szenen, wenn er dieses Bild malt. Und dann haben wir den Mund im Gemälde, das sich bewegt. Und es ist einfach ein tolles Bild, Es ist so simpel.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und es ist auch was, was wir im frühen Film finden. Wo damit experimentiert wurde, wie man so Sachen übereinander planten kann. Und das dann wiederholt in der Hand, wo der Mund drin ist. Das sind wirklich interessante Bilder.
Johannes Franke: Absolut. Das Ding ist, Cocteau war ja kein Filmemacher. Also, das war wirklich sein allererster Film, und er hatte keinerlei Erfahrung. Er war nicht vorher an irgendwelchen Sets und hat jahrelang mit irgendwelchen Regisseuren gearbeitet. Oder sowas. Der hat sich gesagt, ich mache jetzt einfach einen Film. Hat eine Million Fron gehabt von seinem Gönner da. Und da kann man schon ein bisschen was mit anfangen. Hat er auch. Und ich finde, das steckt auch im Film drin, Das Geld. Er war so schlau, sich auf bestimmte Sets zu begrenzen und die elaboriert zu machen und nicht. 2.00.000 Sets. Ich habe eine Million, mach ich auch eine Million Sets. Sondern wirklich so, drei große Sets zu haben und darin alles zu machen und die Physik dort festzulegen.
Florian Bayer: Der Raum wird im Laufe des Films so ein bisschen geöffnet. Am Anfang haben wir es wirklich als Kammerspiel. Wenn nur der Dichter und seine Statue und seine Schöpfung, sein. Werk. Dann haben wir diesen Hotelflur. Hast du verstanden, was die Kamera da macht und warum er so komisch geht? Ist es nur der Schauspieler?
Johannes Franke: Nein, nein, nein. Es liegt auf dem Boden. Das Set liegt auf dem Boden, und die Kamera schwebt oben drüber. Sodass die Physik so ist, dass eigentlich eher die ganze Zeit auf die Seite gezogen wird. Weil er ja auf der Seite liegen, muss, um so zu tun, als wenn er dann langlaufen würde.
Florian Bayer: Es sieht total Krass aus, finde ich.
Johannes Franke: Es ist total. krass, ja, ja. Es ist wirklich gut gemacht.
Florian Bayer: Und er bewegt sich halt auch so geil, dass es nie, also ich finde, egal, Ich versuche die ganze Zeit, das Bild zu drehen und egal in welcher Perspektive ich drehe, es macht nie 100% Sinn, weil es immer diese Momente gibt, wo er seine Beine richtig auf dem Boden benutzt. Und dann gibt es diese Momente, wo er sich die Wand entlang zieht. Und wir haben dieses Bild einfach, Er geht durch diesen Hotelflur. Enrique Rivero heißt der Schauspieler, der sich unglaublich gut bewegt. Sowieso ein Leckerli. Rein körperlich. Ja, komm, er ist die ganze Zeit halb nackt.
Johannes Franke: Ja, natürlich, er ist vor allem, muss man sagen, Cocteau's Leckerli. Cocteau hat ja mal sowas von einen homoerotischen Blick in diesem Film.
Florian Bayer: Man muss dazu sagen, Cocteau war auch voll. Die Schlampe. Er hat alles gefögelt, was nicht bei Drei auf Bäumen ist. Egal, ob Mann, Frau oder was.
Johannes Franke: Und sehr jung, teilweise.
Florian Bayer: Und Cocteau hat, glaube ich, so alle Geschlechtskrankheiten mitgenommen, die man Anfang des 20. Jahrhunderts mitnehmen konnte. Ja, auf jeden Fall haben wir diesen Enrique, der den Lichter spielt, der sich wirklich krass bewegt durch diesen Flur. Und ich finde dieses Bild, das hat sich so bei mir eingebrannt, wie er sich an diesen Türen entlang zieht, versucht, vorwärts zu kommen, strauchelt, tanzt.
Johannes Franke: Ja, er hat eine unglaubliche Körperlichkeit, muss man sagen. Er kriegt das sehr, sehr, sehr gut hin. Wir sind aber ja vorher noch, wenn er da in seinem Atelier ist. Da ist ja diese Maske, die sich da bewegt, die nur aus Draht besteht. Kunstwerk, Was wahrscheinlich jeder Skulpteur mal gemacht. hat, muss man sagen.
Florian Bayer: Im Wochenendkurs.
Johannes Franke: Ja, genau. Anfangskurs Skulpturen mit Draht, So ein Gesicht gemacht. Aber wie sich das bewegt dort, das sieht fast computeranimiert aus. Ich finde, es macht einen richtig geilen Effekt. Ja. Ist richtig gut. Also, er hat wirklich auch ein paar schöne Effekte in diesen Teilen drin. Das Spiel mit diesem Mund in seiner Hand und so. Und naja, sagen wir, der Masturbationsfantasie mit seiner eigenen Kunst.
Florian Bayer: Also, wenn ich, Ich bin ganz ehrlich, wenn ich einen Mund auf meiner Hand hätte. Also was, Ich meine,
Johannes Franke: hey.
Florian Bayer: Ich bin auch nur ein Mensch.
Johannes Franke: Frag Wenigstens den Mund erstmal, ob das Okay ist.
Florian Bayer: Natürlich würde ich das machen. Ich gehe davon aus, dass es Teil meines Körpers ist. Es wäre Masturbation, aber es wäre gute Masturbation.
Johannes Franke: Aber die Sache ist doch die, Er ist ja erstmal von dem Mund überrascht. Und dann sagt der Mund auch noch Luft,
Florian Bayer: Luft.
Johannes Franke: Und da muss man natürlich sein. Fenster zerstören, damit, das geht.
Florian Bayer: Aber es ist nett von ihm, dass er dem Mund erstmal Luft gibt,
Johannes Franke: oder? Richtig, richtig. Aber das sagt mir auch, dass es eine eigene Entität ist, muss ich sagen.
Florian Bayer: Ja, ist es definitiv.
Johannes Franke: Da muss man dann schon mal fragen, bevor man solche Sachen macht.
Florian Bayer: Ja, das stimmt. Auf jeden Fall. Er fragt nicht. Er fragt nicht, nein. Aber der Mund beschwert sich auch nicht, oder?
Johannes Franke: Ja, er hat ja auch Mund zu. Also ich meine, er ist ja voll beschäftigt.
Florian Bayer: Okay, was passiert denn da zur Hölle? Ist es einfach der Dichter, der mit seinem Werk überfordert, ist, weil sein Werk sich selbstständig macht?
Johannes Franke: Naja, Das ist natürlich dieses typische Ding. Der Künstler schafft etwas, und dann entgleitet es ihm, weil die Kunst sein Eigenleben annimmt. Das haben wir im Grunde, wenn wir im Podcast Filme besprechen, jedes Mal. Der Film, den wir besprechen, hat sein Eigenleben und der Regisseur, Der Künstler ist tot, wie man so sagt. Genau. Und damit kommt er halt nicht zurecht. Würde ich jetzt so sagen. Also natürlich sagt uns das der Film nicht, aber das ist so mein Gedanke.
Florian Bayer: Nein, es ist auf jeden Fall das, was über dem gesamten Szenario schwebt. Und das hat natürlich eine gewisse Larmunianz. Und du sagst, hat kein Ego. Ich finde es gar nicht so schlimm. Ich mag auch ganz oft die Kunst von jammernden Künstlern. Also, ja, Ich höre gerne Radiohead. Es ist auf jeden Fall ein Teil davon, auch dieses, naja, Ich bin so überfordert von dem, was hier entsteht und von all dem, was in meinem Kopf stattfindet.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Aha. Es ist schön umgesetzt und es hat auch eine gewisse Selbstironie. Die ganze Zeit schwingt so ein gewisses Lächeln und auch Lachen über sich selbst mit.
Johannes Franke: Ich habe das gleich, glaube ich, in den ersten zehn Minuten aufgeschrieben, Er nimmt sich auch nicht selbst ernst, oder? Also, das ist ja wirklich etwas, wo man denkt, ja, cool, Da hat jemand auch eine Reflexionsebene und nicht nur einfach der Künstler, DER groß, Der Künstler, der nichts an sich ranlässt.
Florian Bayer: Nein, es ist absurd, genug. Also die Musik unterstützt das auch ein bisschen. Ja, genau. Eher so diesen fröhlichen, etwas harmonischen Klang.
Johannes Franke: So eine Slapstick-Musik. Die ist sehr gut. Also, ich mag das als Kontrast, dann auch.
Florian Bayer: Und der Dichter wird einfach auch in seiner Hilflosigkeit gezeigt. Und seine Hilflosigkeit ist halt auch so ein bisschen verdrottelt, ein bisschen albern. Auch diese Perücke, die er am Anfang trägt, die er dann irgendwann abwirft.
Johannes Franke: Cocteau hat ihn anscheinend wegen seines leidenschaftslosen Aussehens ausgewählt. Was zur Hölle ist das für eine Beschreibung? Leidenschaftsloses Aussehen hat er nun, Das finde ich jetzt nur wirklich gar nicht. Ich weiß nicht, was Cocteau da...
Florian Bayer: Vielleicht ist es ein Unterschied zwischen seiner körperlichen Leidenschaftlichkeit, weil ich finde. Körperlich bringt er sehr viel mit. Also, er ist ja auch Muskulös und er bewegt sich so sehr. grazil. Teilweise fast schon tanzend. Ja. Dann im Gegensatz dazu sein Ausdruck, der öfter mal genervt, ist, der wenig von diesem traditionellen Stumpfen-Pathos hat. Und oft wirkt wie jemand, der so ein bisschen zwischen genervt und überfordert ist. Also Augen, nicht Augen rollen, eher dieses, wenn du drei Stunden Zug gefahren bist und dann nochmal in die Berliner S-Bahn steigen. Und dich da dann irgendwie reinquetschen musst. In den Ring, in dem typischen Berliner S-Bahn-Publikum. Also, ich hab dann diesen Blick drauf. So wirkt er teilweise.
Johannes Franke: Bitte schick mir ein Foto.
Florian Bayer: Vielleicht meint er das mit leidenschaftslos.
Johannes Franke: Na gut, dann wissen wir jetzt, was Cocteau gemeint hat. Er hat die U-Bahn in Berlin gemeint. Naja, gut, okay. Aber er hat ein masturbatives Verhältnis zu seiner Kunst. Das haben wir schon mal festgestellt.
Florian Bayer: Ja, definitiv.
Johannes Franke: Ich finde, dass die Statue, die er zum Leben erweckt, dann sehr, sehr gut gemacht ist. Da sehe ich das Geld, was da drin reingeflossen ist. Ja, weil da muss wirklich einiges passieren, damit du das so gut zusammenwürfelst, dass das gut aussieht. Und dass die Prothesen, die da quasi dran sind, um diese Statue, diese abgeschnittenen Arme irgendwie darzustellen, um das gut hinzukriegen.
Florian Bayer: Die statue ist geil.
Johannes Franke: Die sieht wirklich gut aus.
Florian Bayer: Die sieht wirklich cool aus und die hat so was. Böses an sich. Er sagt noch so, ist es nicht verrückt, eine Statue zu erwecken von ihrem Schlaf? Und dann guckt die so verschlagen.
Johannes Franke: Ja, ja, ja, genau. Ja. Und auch dieses, Was kommt, das kommt dann später, oder? Dass man eine Statue wird, wenn man eine zerschlägt.
Florian Bayer: Genau, das kommt.
Johannes Franke: Wenn er wieder da ist.
Florian Bayer: In unserer dritten Sequenz. Zuerst wird er von der Statue ziemlich ruppig durch den Spiegel geschickt, die sagt, los, los, los.
Johannes Franke: Dein einziger Ausweg ist dort lang, also.
Florian Bayer: Und das ist so typisch, typisch Surrealer Film. Das finden wir auch bei Benoît, Das finden wir auch bei Man Ray. Und das finden wir auch bei denen, die später noch sowas gedreht haben, Wie hieß das? Mashes of the Afternoon? Ich weiß nicht, egal. Dieses Herum. Irrend durch Räume. Und diese Räume verlassen auf irgendwie merkwürdige Weise und dann in einem komplett neuen Setting. Er fällt durch diesen SPIEGEL und dann ist er plötzlich in diesem Gang. Und dann haben wir einfach Räume, die sich aufmachen und die sich wieder schließen. Und es geht irgendwie weiter. Und das ist natürlich, ja, deswegen ist es, so albern, wenn er sagt, er ist kein Surrealist und das ist nicht, Das funktioniert nicht wie der Traum der Surrealisten, Weil genau das ist ja dieses, du hast assoziativ gesagt. Dieses Hin und Her von Raum zu Raum, Das ist ja auch, wie Traumlogik oft funktioniert, dass man wechselt und gar nicht mehr weiß, wie man da hingekommen ist. Aber es ist auch egal, weil man ist jetzt in diesem einen Raum und geht zum nächsten und so weiter.
Johannes Franke: Was übrigens auch Krass ist, was alles an Menschen in diesem Film sind. Wir kommen jetzt bei der Statue zu Lee Miller. Die hat später wahnsinnig viel fotografiert an der Front beim Krieg, beim 2. Weltkrieg. Und hat auch, glaube ich, Die Befreiung von Auschwitz sogar fotografiert.
Florian Bayer: Buchenwald und Dachau war sie.
Johannes Franke: Buchenwald und Dachau, okay. Also da auch diese, Sie hat wirklich krasse, krasse Fotos gemacht und krasse Sachen erlebt. Und die hat sonst kaum keine Filme mehr gemacht, glaube ich. Nee,
Florian Bayer: die war eigentlich Schauspielerin.
Johannes Franke: Genau.
Florian Bayer: Fotografin.
Johannes Franke: Und... Und was für krasse Leute, da einfach in diesem Film sind, Weil das kommt dann später auch noch mehr. Also Lee Miller, jetzt kann man sich schon mal merken. Das Krasse ist ja,
Florian Bayer: Sie gehörte auch zum Surrealismus, Sie hat surreale Fotos gemacht. Und dann war sie aber einfach mal Fucking Kriegsreporterin und ist mit der amerikanischen Armee in die KZS gegangen, die befreit wurden. Und hat Bilder von den Menschen gemacht, die befreit wurden, hat Bilder von den Menschen gemacht, die am Rande standen, von den Tätern, von den Opfern. Das ist ziemlich krass.
Johannes Franke: Jedenfalls muss er jetzt durch den Spiegel da durch und kommt eben in das zweite Set.
Florian Bayer: In die zweite Episode. Vier Episoden haben wir. Die zweite Episode ist Do Walls Have Ears? Haben Wände Ohren? Johannes, haben sie?
Johannes Franke: Definitiv. Schau dich um, Meine Küche ist voller Ohren.
Florian Bayer: Oh, no. Ich habe in einer Jugendherberge übernachtet vor ein paar Wochen, und da hatten die Wände extreme Ohren. Oh nein. Und da waren dann die Kids, die abends um elf... HALB zwölf, ICH meine, Ich bin ein Old Dude. Ich will dann ins Bett,
Johannes Franke: ich will schlafen.
Florian Bayer: Die durch die Gänge gezogen sind und gesagt haben, Party. Und irgendjemand hat gerufen, Psst, Psst. Die Pstrüfer sind immer die Schlimmsten. Und es war echt so, okay, ja, ja, ja. Jugendherberge, okay.
Johannes Franke: Natürlich, was hast du erwartet?
Florian Bayer: Er ist in diesem Hotel. Und zwar das Hotel Dramatik.
Johannes Franke: Was für ein Name.
Florian Bayer: Ein Name, der mich überlegen lässt. Cocteau tatsächlich mit diesem Film eine Parodie drehen wollte. Auf die surrealistische Bewegung. Und vielleicht auch einen Spoof drehen wollte. Der erste Spoof der Filmgeschichte in Wirklichkeit. Und dann starrt er in die Schlüssellöcher. Und wir haben diese
Johannes Franke: Szenarien. Ich möchte einmal sagen, dass Cocteau 40 war, als er das gedreht hat. Er war kein Student. Er war kein junger Student, der irgendwie gesagt hat, jetzt mach ich hier irgendwie mal, Ich werf irgendwas aneinander und wir haben Spaß. Sondern das war ein 40-jähriger Mann, der genau wusste, was er tut.
Florian Bayer: Genau, was er tut. Ein Revolutionär, der immer und immer und immer und immer wieder erschossen wird. Ist das so ein Höllengleichnis? Also Du musst in aller Ewigkeit immer wieder leiden?
Johannes Franke: Naja, Es ist ja ein Revolutionär. Vielleicht ist es auch die Angst des Künstlers vor seiner Courage. Maybe. Also ich meine, Natürlich kann man da wahnsinnig viel reininterpretieren. Dafür ist es ja auch ein bisschen da. Aber es ist das Gefühl... Man steigt ja da hinab in die Psyche, dieses Künstlers, Eben, weil er über seine eigenen Kunst nachdenkt, weil er nach Inspiration sucht. Und weil das eine vielleicht gegen das andere abgewogen wird. Und wenn man jemanden sieht, der immer wieder erschossen wird, Kann ich mir das schon vorstellen, dass es die Angst ist, davor, den künstlerischen Tod zu erleiden. Ja,
Florian Bayer: es ist ja, dieses TikTok zu hören, bevor wir den Revolutionärsieren erschossen wird. So einfach nur Uhr,
Johannes Franke: die die ganze Zeit hat. Weiß ich gar nicht.
Florian Bayer: Oder Metronom, oder was auch immer.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Und ich hatte tatsächlich ganz, ganz doll das Gefühl, naja, Dass das da auch, Dass das so eine Jenseitsfantasie und dass dieses Hotel auch sich so ein bisschen jenseitig anfühlt. Ja. Dass er ein bisschen, dass er vielleicht auch seine Angst vor dem Tod verarbeitet, Weil der Tod spielt ja später noch eine ganz große Rolle. Und dieses Sterben und zum Kreator werden und mehrere Selbstmordszenen und Mordszenen hier. Und das ist vielleicht auch so, dass das eine Art ist, wie er sich das danach vorstellt. Und vielleicht auch deswegen diese komische Perspektive und diese komischen Bewegungen an der Wand entlang, dass er sich davor kämpfen muss durchs Jenseits, um Sowas wie Erlösung zu erlangen. Also jetzt sehr christlich, auch. Symbolik dafür, dass der alles voll mit Pantagramm macht.
Johannes Franke: Aber also Cocteau hatte durchaus eine religiöse Note als Mensch, oder? Ich hatte, da glaube ich, was gelesen, dass er durchaus auch einen Bezug zur Religion hatte.
Florian Bayer: Also die Künstler hatten ja alle, also die surrealistischen Künstler hatten ja alle so ein bisschen so einen Hang zum Esoterischen, ist jetzt vielleicht zu viel gesagt, aber zum Spirituellen. Und Cocteau hat seine Bilder auf jeden Fall und seine Texte vollgekleistert. Mit diesen Pentagrammen. Pentagramme waren so ein bisschen sein Markenzeichen. Also auf jeden Fall...
Johannes Franke: Weird, ne? Ja.
Florian Bayer: Vor allem Pentagramme ist ja eigentlich sowas, was so ein 16-jähriger EMO auf seinen Schulprolog kritzelt. Ich kann auch ein pentagramm malen, ich hab das getan.
Johannes Franke: Nochmal, Das ist ein 40-jähriger Mann. Ich denke das oft, muss ich sagen. Also, dass das ein 40-jähriger Mann ist, während ich diesen Film gucke. Weil ich denke, weiß nicht, das ist so, Das hat Sowas Kindliches. Also nicht, gar nicht gewertet, nicht negativ, gewertet. Sondern das hat, was Kindliches, diesen Surrealismus zu betreiben. Dieses Assoziative und dieses Scheiß auf. Die realen Bedingungen, die diese Welt mit sich bringen, Sondern ich mache einfach, Eins gibt das andere, und mir ist egal, ob das logisch ist oder nicht.
Florian Bayer: Aber wenn du dich mit deinem Inneren auseinandersetzt, dann findest du ja auch viel Kindlichkeit. Also, wenn es einen Ort gibt, wo wir noch unsere Kindlichkeit haben als 40-jährige Männer, die wir auch sind, Dann ist es das Innere. Und dann ist es der Traum und die Beschäftigung mit dem eigenen Unterbewussten. Ja,
Johannes Franke: und Cocteau war ja tatsächlich in seinem Leben, Zumindest wird er so beschrieben von Leuten, die ihn mögen, immer relevant. Weil er immer wieder neu sich mit Dingen beschäftigt hat und immer wieder neue Ideen hatte. Und auch sich mit neuen Medien beschäftigt hat und Möglichkeiten beschäftigt hat. Und so. Und auch sehr viele junge Menschen, um sich geschaut hat.
Florian Bayer: Ja, definitiv. Also ich, meine, Dieser Film ist nicht mit 40-jährigen Menschen besetzt. Also, ich bin vor allem blown away von diesem Bild, wie er durch den Flur geht.
Johannes Franke: Ja, Total krass. Und dann...
Florian Bayer: Also allein dafür lohnt es sich. Für diese 5-Minuten-Sequenz, wenn er versucht, sich in diesem Flur vorwärts zu arbeiten. Und ich habe es jetzt gerade noch mal vor mir liegen und ich komme immer noch nicht klar darauf. Immer noch komisch. Und ich will immer noch meinen Kopf drehen, dabei. Was für ein großartiges Bild. Und der Film wird viel gelobt auch für diese Szene, wo er, um in dieses Hotel zu kommen, in den SPIEGEL springt, der dann zum Wasser wird. Für mich ist das das visuelle Glanzstück. Dieser Gang durch den Flur.
Johannes Franke: Und ich hätte mir bei dem Spiegel, hätte ich mir zum Beispiel gewünscht, dass das länger ausgespielt wird, weil der springt da rein, Es MACHt einmal...
Florian Bayer: Ein geiler Jumpscare fast schon. Ja,
Johannes Franke: genau. Und dann ist es plötzlich wieder weg. Und ich hätte mir ja gewünscht, dass es ein bisschen länger ausgespielt ist. Aber eine künstlerische Entscheidung, sein Ding, sein Surrealismus, nicht meiner. Das ist ja auch bei Surrealismus ein Ding, Man muss den Leuten das lassen, was Sie im Kopf haben, nicht, was ich im Kopf habe.
Florian Bayer: Ich lasse mich nicht kompromittieren, durch ein Publikum. Kunst ist für mich! Ja, genau. Eine Person mache ich gut.
Johannes Franke: Aber ich hätte mir gewünscht, dass das Wasser richtig noch rausspritzt und dann da sich verbreitet. Draußen und so. Diese Arschbombe, die er quasi macht, dass die wirklich ausgespielt ist. Aber leider, naja, gut.
Florian Bayer: Und so geil ich das Hotel finde, so geil ich diesen Gang, finde, Ich komme in die Bilder nicht rein. Also vielleicht auch, weil Sie so kurz sind. Diese einzelnen Zimmer-Szenen, diese einzelnen Krippelloch-Szenen. Echt? Dieses chinesische Mysterienspiel. Da passiert also dieses Schattenspiel. Ja. Und dann ist es schon vorbei.
Johannes Franke: Sind das nicht? Schatten? Von irgendwelchen Leuten, Die Opium rauchen?
Florian Bayer: I don't know. Ich weiß auch nicht, was die da mit diesem sieht. aus, ist das eine Pfeife, die Sie da in der Hand haben, wo Sie dann irgendwas reinpicken?
Johannes Franke: Deswegen kam ich auf Opium.
Florian Bayer: Könnte sein. Ich verstehe es tatsächlich nicht, und wenn ich versuche, mir noch Gedanken darüber zu machen, was passiert, ist es auch schon wieder vorbei. Ich finde das mit dem Kind irgendwie ganz spannend.
Johannes Franke: Ja, das ist doch ein klares Bild, auch. Ja. Also Flugstunde heißt Das Ding, glaube ich. Ja.
Florian Bayer: Aber es sind nicht richtige Fesseln, Es sind so Glocken oder sowas, was das Kind umhat. Ja. Und die Mutter züchtigt es, und dann landet das Kind an der Wand, auch sehr schön umgesetzt.
Johannes Franke: Ja, Total schön umgesetzt.
Florian Bayer: Und dann landet das Kind an der Decke, Die Mutter versucht, es runterzuholen, Das Kind streckt die Zunge raus.
Johannes Franke: Finde ich super. Das ist geil. Was brauchst du mehr?
Florian Bayer: Ja, das stimmt. Okay, ja.
Johannes Franke: Also das Bild länger durchzuhalten, hätte es schlechter gemacht. Also, ich fand es super.
Florian Bayer: Da verstehe ich auch, Was passiert. Das sind Menschen zu sehen, die klar Dinge tun. Also, es folgt irgendwie einer verqueren eigenen Logik, die aber Sinn macht.
Johannes Franke: Und was ist mit dem Hermaphroditen da?
Florian Bayer: Ja, sag du es mir bitte.
Johannes Franke: Ja, was ist die Frage?
Florian Bayer: Ich weiß es nicht. Was ist das? Wir haben diesen Typen, der auf seiner Couch sitzt und es kommen nach und nach Dinge hinzu. Also am Anfang haben wir nur diese Wand und diese Couch. Und dann erscheinen Arme, Kopf und der Körper, der halb gezeichnet ist. Und dann wird alles vollgekleistert mit Pentagrammen.
Johannes Franke: Das sind Sterne.
Florian Bayer: Ja, genau, Sterne.
Johannes Franke: Das sind Sterne.
Florian Bayer: Und dann die Gefahr des Todes.
Johannes Franke: Du hast das Wichtigste daran vergessen. Ja,
Florian Bayer: bitte.
Johannes Franke: Dieses Ding, was sich die ganze Zeit dreht.
Florian Bayer: Die Spirale an der Wand. Die Spirale.
Johannes Franke: Das ist doch dieses hypnotische Ding.
Florian Bayer: Ja, du wirst diesen Film mögen. Du wirst allen sagen, dass Sie diesen Film gucken. müssen. Dieser Film ist gut.
Johannes Franke: Hat voll geklappt bei mir.
Florian Bayer: Ja, was ist diese Spirale an der Wand? Ist es einfach...
Johannes Franke: Der Hermaphrodit ist der, der sie alle hypnotisiert und sie in seinen Bann zieht. Oder in ihren Bann zieht. Welche Pronomen wollen wir nehmen? They.
Florian Bayer: Ja, Deutsche Sprache.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Ja, okay.
Johannes Franke: Nicht?
Florian Bayer: Ich weiß nicht.
Johannes Franke: Hat auch einen Männerschuh und einen weiblich konnotierten Schuh. Also du weißt schon. Ja, ja. Stöckelschuh da. Das ist halt. Das Bild aus den 20er, 30er Jahren von Queeren Leuten. So ein bisschen. Also, das ist die Zeit dafür. Okay. Aber Cocteau hat ja auch offen bisexuell gelebt und so. Und hat sich auch mit queeren Menschen umgeben. Und so. Ja. Und ich glaube, das ist so ein bisschen auch sein tiefstes, innerestes, dieses sich dazu hingezogen fühlen. Und dann sagt dir Aber die Gesellschaft, das ist gefährlich, das darfst du nicht, das ist etwas, was dir verboten ist.
Florian Bayer: Gefahr des Todes. Es ist halt, Ich glaube, ich könnte diese Szene mehr schätzen, wenn sie ein bisschen mehr Erotik hätte. Ich finde, es ist keine, also. Der Film hat ganz viele Bilder, die erotisch aufgeladen sind. Und diese Szene irgendwie komischerweise nicht so.
Johannes Franke: Du willst im Erotikfilm? Ja,
Florian Bayer: aber ein bisschen, Ich weiß nicht, ich hätte mir ein bisschen mehr Schönheit, Ein bisschen mehr Leidenschaft gewünscht. Und ich kann es noch nicht mal genau sagen, was. Ich finde, es hat halt dieses moralische, Verurteilende. Ich weiß es nicht. Echt? Naja, Dieses Gefahr des Todes. Und dann hast du dieses, fast wie so ein Mahnmal aufgestellt. Es bewegt sich ja auch nichts in diesem Bild. Es hat kaum Bewegung. Ich hatte meine Schwierigkeiten damit. Ich könnte gar nicht sagen, was ich anders machen würde, weil ich finde es natürlich toll, dass wir sind. Im Jahr 1930, Dass überhaupt Sowas wie Queerness und etwas, was über die Zweigeschlechtlichkeit hinausgeht, Seinen Platz in einem Film findet. Und dass das so dargestellt wird, finde ich ganz großartig. Vielleicht weniger düster.
Johannes Franke: Ist es das Schild vor allem?
Florian Bayer: Nee, es ist nicht nur das Schild. Es ist auch der Blick von der Person, die da ist.
Johannes Franke: Ich glaube, er spielt hier... Mit dem, was an gesellschaftlichem Bild existiert von queeren Menschen.
Florian Bayer: Vielleicht. Bis dahin nehme ich den Film Halt als sehr introspektiver. Da geht komplett in sich selbst hinein.
Johannes Franke: Ja. Aber du kannst noch so tief in dich selbst hineingehen, du hast immer Echos der Gesellschaft in dir.
Florian Bayer: WAHRE Worte, ja.
Johannes Franke: Das werde ich einmal auskoppeln als Single. Das muss ich mir doch als Bild an die Wand schenken. So richtig dichtermäßig, wahre Worte, wahre Worte. Oh, danke, Floor. Das mache ich mir als Klingelton.
Florian Bayer: Wahre Worte von einem wahren Menschen.
Johannes Franke: Oh, danke. Floor. Ich glaube, ich werde einen Film darüber machen.
Florian Bayer: Und dann wird er aufgefordert, sich selbst zu erschießen. Natürlich. Weil er keine Pistole bedienen kann, wird ihm auch noch mal genau gesagt, was er nach und nach tun muss.
Johannes Franke: Genau.
Florian Bayer: Mir müsste man es tatsächlich sagen.
Johannes Franke: Ja, mir auch.
Florian Bayer: Wenn du mir auch eine Pistole in die Hand geben würdest und sagen würdest, das ist ein sicher Mal. Dann würde ich das Ding erst mal mehrmals um sich selbst drehen.
Johannes Franke: Also, es kommt ja auch nur so ein Arm raus. Und dann so eine Stimme aus dem Off.
Florian Bayer: Das ist so geil. Der Arm wirklich wie so im Theater, der die Waffe überreicht, die vergessen wurde. Oh, achst du mich nicht?
Johannes Franke: Das Requisit, hallo. Das lag noch in deiner Garderobe. Ja, er nimmt das Ding, er schießt sich.
Florian Bayer: Dieser ganz großartige, selbstreflexive Moment, der dann folgt, wo er sagt, ich hab genug davon, scheiße, scheiße, scheiße. Wo ich wieder denke, der Film hat echt wirklich eine witzige,
Johannes Franke: Ironische Fakten. Ja, ja, ja, total. Ich hab dich zwar nicht lachen, hören.
Florian Bayer: Ich lache auch nie Film. Ich lache nicht. Stimmt,
Johannes Franke: Du bist noch keiner, der tatsächlich vielleicht mal so ein kleines Kichern, so ein kleines
Florian Bayer: Giggeln. Ich munzle mich hinein. Und dann geht er ganz schnell zurück. Durch diesen Gang und muss sich noch einmal durch diesen Gang kämpfen. Wir haben hier dieses großartige Bild, wie er an den Türen sich vorbeizieht und irgendwie versucht zu halten.
Johannes Franke: Diese Mühe, die er damit hat, wieder zurückzukommen, aus seinem Albtraum oder seinem, Was weiß ich,
Florian Bayer: Tod oder was auch immer. Seine Angst vor dem Tod. Seine Beschäftigung mit dem Tod. Wir haben ein Pleck, Einige Figuren, die so ein bisschen eine Überleitung machen zu diesem Moment, wenn er zurückkommt in seine Wohnung, aus dem SPIEGEL Zurück zur Statue. Und er ist jetzt pisst. Das können wir feststellen.
Johannes Franke: Ja, der Rat der Statue war nicht sehr hilfreich.
Florian Bayer: Ja, er droht der Statue, bewegt sich auf sie zu und er nimmt sie auseinander. Ja,
Johannes Franke: und wer eine Statue zerstört, wissen wir alle natürlich.
Florian Bayer: Was sonst?
Johannes Franke: As One does, wird zur Statue.
Florian Bayer: Genau. Und das ist natürlich voll dieses Kunstding. Ich reflektiere mich in meiner Kunst. Und ich bin der moderne Künstler, der die Wahrnehmung der Vorfahren zertrümmert. Aber ich bin dazu verflucht, selbst zu so einem Objekt zu werden. Ja,
Johannes Franke: die große Reflexion über das Altern. Am Anfang willst du noch richtig, was, gehst voran, hast neue, frische Ideen und zerstörst eben statuen. Und am Ende bist du selber. Meine Güte,
Florian Bayer: Heute sind wir ganz schön, philosophisch, unterwegs.
Johannes Franke: Du hast das studiert, Plur. Ich muss eigentlich deine Statue zerstören. Oh, mein Gott, Plur, Was ist das für eine Musik?
Florian Bayer: Was war das? Wo sind wir?
Johannes Franke: OH, MEIN Gott, Ich glaube... Oh nein, wir sind in einer Self-Promo.
Florian Bayer: Nein, shit, Ganz schnell, damit wir zurückfinden.
Johannes Franke: Ihr da draußen, Es gibt wahnsinnig viele Wege, wie ihr uns unterstützen, könnt. Und wir brauchen Unterstützung, glaubt uns.
Florian Bayer: Wenn ihr uns ein bisschen Trinkgeld dalassen wollt, macht das doch bitte über Buymeacoffee.COM Slash muss man sehen. Den Link findet ihr auch in der Episodenbeschreibung.
Johannes Franke: Könnt Ihr uns gerne ein paar Euro, geben, gerne auch gleich monatlich einstellen, nicht wahr? Denn Kosten haben wir genug.
Florian Bayer: Wenn ihr uns mit Geld zwingen, wollt, einen bestimmten Film zu besprechen, ist das eure Chance. Das könnt ihr nämlich über dieses Formular. Auch machen.
Johannes Franke: Oder Ihr schickt uns einfach so einen Filmvorschlag, ohne Geld. Und Feedback gerne an Johannes.MUSSMANSEHEN.DE und florian.mussmansehen.de.
Florian Bayer: Außerdem freuen wir uns natürlich über jedes Abonnement, Egal ob bei Spotify, Apple Podcast, Deezer, Amazon Music, whatever.
Johannes Franke: Was uns total helfen würde, ist, wenn Ihr uns so 5 Sterne oder herzchen oder sonst irgendwas, was auch immer euer Podcatcher anbietet, gebt. Und am besten auch noch gleich eine Review dazu schreiben. Ah, super.
Florian Bayer: Fehlt noch irgendwas?
Johannes Franke: Nee, ich glaube, wir haben alles, wa? Okay,
Florian Bayer: dann ganz schnell zurück in die Episode. Und wir kommen zur dritten Episode. Der Schneeballschlacht. Und wir haben einen krassen Szeneriewechsel. Wir sind nämlich plötzlich draußen und wir haben ihn als Statue. Da stehen. Und dann haben wir die Kids, die ihre Schneeballschlacht machen.
Johannes Franke: Ja, und jetzt wird es eben erzählerischer. Und ich bin ein bisschen enttäuscht, weil ich denke, du hast es doch so gut gemacht. Bis jetzt. Bis jetzt hast du mir einfach nur Eindrücke und Bilder und Assoziationen gegeben. Und jetzt bist du plötzlich so richtig erzählerisch. Ich habe das kurze Gefühl, ich bin in einem Dickens.
Florian Bayer: Oh ja. Die Bullys vor allem, ne?
Johannes Franke: Ja, total.
Florian Bayer: Das ist so geil. Also, wie Sie sich verhalten, dieses Zigarettenanzug, die so cool aussehen. Bullys haben sich offensichtlich nicht verändert. In den letzten 100 Jahren.
Johannes Franke: Aber ich denke die ganze Zeit, ja, wenn du schon sagst, das sind Bullys, dann lass Sie doch mehr machen. Also das Einzige, was passiert, ist, dass die diesen Schneeball, diesen tödlichen Schneeball dann werfen. Aber davor sind die ganz normale Jungs.
Florian Bayer: Das sind einfach nur die Coolen.
Johannes Franke: Yo, West Coast. Oder sowas.
Florian Bayer: Also, ich fand dieses Bild von den Bullys sehr schön. Ich fand vor allem dieses Bild schön von dem eskalierenden Kampf. Eigentlich ist es eine harmlose Schneeballschlacht und es wird immer krasser. Sie stürzen sich dann ja auch auf die Statue und es wird ein Krieg.
Johannes Franke: Und ich warte die ganze Zeit darauf, dass die Kinder dann auch zur Statue werden, weil sie zerstören noch eine Statue. Was soll denn das?
Florian Bayer: Stimmt. Aber Surrealismus? Wir dürfen nicht logisch sein. Wir dürfen nicht konsistent sein. Und ja, Die Kinder bringen sich alle gegenseitig um. Das ist eine wirklich kurze Episode. Wir haben jetzt die ersten 30 Minuten des Films hinter und so viel ist auch nicht mehr übrig. Aber diese ganze dritte Episode, Die Schneeballschlacht, dauert genau vier Minuten. Dann ist sie vorbei.
Johannes Franke: Die ist, muss man auch sagen, Ein wiederkehrendes Motiv bei Cocteau, Wenn ich das richtig recherchiert habe. Ich habe hier die anderen Sachen von Cocteau nicht gesehen, gelesen, was auch immer er alles gemacht hat. Aber diese Schneeballschlacht, Das Thema dieser Schneeballschlacht scheint öfter vorzukommen, Weil es eine Kindheitserinnerung von ihm ist. Er hat Sowas erlebt. Er hat nicht diesen Tod erlebt, aber offenbar hat es ihn Arg in Mitleidenschaft gezogen, Was da passiert, ist als Kind.
Florian Bayer: Es hat eine gute Entwicklung. Also, du kannst gerne drüber schimpfen, dass da was erzählt wird, Aber die Dramaturgie in dieser Szene ist echt gut gemacht. Diese Entwicklung von der harmlosen Schneeballschlacht, ja fast schon nostalgische Kindheitserinnerung. Hin zum Gemetzel.
Johannes Franke: Ist das so ein hartes Gemetzel? Da habe ich gar nicht so eine Erinnerung, dass das so hart ist.
Florian Bayer: Naja, Wir haben einen Schwerverletzten und einen Toten danach. Und ich bin dafür, dass da acht Kinder mit Schneeballen werfen. Das ist schon ganz schön, viel. Jedes vierte Kind stirbt.
Johannes Franke: Aber denk doch mal dran, wie dieser eine den Schneeball abbekommt. Du siehst einmal das Bild von dem, wie er ausholt. Mit dem Schneeball, wo dann irgendwas hartes drin ist.
Florian Bayer: Der verwandelt sich in was Hartes, oder?
Johannes Franke: Ich weiß es nicht ganz genau. Es ist Marmor, glaube ich, von der Statue und deswegen hart. Und dann wirft er das und was wir im Gegenschnitt sehen, ist der schlechteste Schauspieler, den ich mir vorstelle. Der einfach nur einen Schneeball abbekommt und dann ohne Reaktion einfach nur aus dem Bild fällt. Und ich denke mir, hä?
Florian Bayer: Hat er nicht Seine Nase blutet?
Johannes Franke: Aber das sehe ich. Doch dann irgendwann erst so ein bisschen. Aber wie er fällt, ist das Antiklimaktischste, was ich mir vorstellen kann.
Florian Bayer: Ganz kurz, ich gucke mir nochmal die Szene an. Irgendwie scheint das Golden zu sein, was in diesem Schneeball ist. Achtung,
Johannes Franke: Jetzt kommt der Wurf.
Florian Bayer: Und getroffen. Oh ja, du hast recht. Er wird vom Ball getroffen. Ja, genau. Und er guckt noch irritiert und fällt dann in Zeitlupe. Und zwar nicht, Der Film macht Zeitlupe, sondern der Junge fällt langsam, offensichtlich, weil er Angst hat. Und landet auf dem Boden, aber dann blutet seine Nase.
Johannes Franke: Dann blutet vor allem sein Mund irgendwie alles. Also, er hat dann sehr viel Blut. Das sieht man dann aus dem Mund, obwohl ihn nichts irgendwo getroffen hat, wo man hätte aus dem Mund bluten können. Aber der Film ist ja auch ein surrealer Film. Es ist ja egal, wo er getroffen wird. Hauptsache, er blutet dann.
Florian Bayer: Und der Junge, der ihn umbringt, der Mörder, ist Dagelos. Das ist der, Wie sagt der, der Klassenraudi. Der schlimme Typ aus der Klasse. Der kriegt sogar einen Namen, auch wenn er danach nicht mehr vorkommt. Und dann haben wir diese Leiche des Kindes da liegen. Und über dieser Leiche wird unsere vierte Episode, Unsere Finale Episode aufgebaut. Wir haben nur noch 15 Minuten Film vor uns. Meine Güte, 50 Minuten Film gehen schnell rum. Ja,
Johannes Franke: ja, krass. Und da finde ich, Bleibt er auch wieder sehr stark in dieser erzählerischen, fast schon erzählerischen Form. Ein bisschen weniger als bei der Schneeballschlacht. Da ist es ja wirklich eine andere Erkettung von unserer Wirkung, was wirklich? Was? erzählt. Und hier sind sie halt am Tisch, Spielen Karten. Sie sagt, Du hast keine Chance, wenn du nicht dieses Blatt hast. Und er holt dieses Blatt aus der Jacke des Toten.
Florian Bayer: Ja, komplett logisch. Natürlich erzählt er das.
Johannes Franke: Ich meine, das macht halt. Es bleibt bei dieser Situation, dass man so ein Gefühl von einer echten menschlichen Interaktion hat. Also natürlich keine realistischen, vollständig, aber schon einer sehr nah an dem, was man kennt. Und deswegen weiß ich nicht genau, da war ich ein bisschen enttäuscht.
Florian Bayer: Diese Szene hat die Ästhetik, die ich mir zum Beispiel auch bei dem Hermaphroditen gewünscht hätte. Oder die Erotik, die ich mir bei dem Hermaphroditen gewünscht hätte. Vor allem, wenn dann dieser Engel kommt,
Johannes Franke: der komplett gebildet ist. Oh, wow,
Florian Bayer: mit diesen geilen Engelflügen. Sind das Tennisschläger?
Johannes Franke: Vielleicht.
Florian Bayer: Also, wir haben den Film in schwarz-weiß geguckt. Wir haben leider nicht die Kriterion. Es gibt offensichtlich eine Kriterion-Restauration, die ziemlich gut sein soll. Die muss ich mir auch nochmal angucken. Wir haben bestimmt ein bisschen, was von Bild.details auch verpasst, weil wir die nicht gesehen haben. Da kommt auf jeden Fall dieser Engel, ein Schwarzer mit geöltem Körper, nur eine Unterhose an. Und auf dem Rücken hat er diese... Zu kleinen, ein bisschen zu kleinen Engelflügel, Die aussehen, als ob es Tennisschläger wären.
Johannes Franke: Der hat eine Million Frauen gehabt. Da hätte er sich ein bisschen mehr Mühe bei den Flügeln geben können.
Florian Bayer: Und ich mag die Spannung in dieser Szene. Wir haben diese Brutalität, der Tote Junge, der auf dem Boden, der die ganze Zeit da liegt. Dann haben wir das amüsierte Publikum. Wir kommen zu dieser Szene, die in der der Patronen mitspielen durfte. Mit seinen Freunden, wo sie offensichtlich einfach einmal diese illustre Künstler in Runde genommen haben, gesagt haben, so, Ihr Seid jetzt unser Publikum. Und dann haben wir dieses fast schon profane Kartenspiel, das aber auch so eine tödliche Komponente hat, wie sich nach und nach herausstellt. Weil die Frau sagt zu dem Mann, ey, Wenn du jetzt nicht das Herz assziehst, dann bist du sowas von geliefert. Und wir wissen, das geht hier um sein Leben.
Johannes Franke: Ist es das so? Sehe ich das so? Ich weiß nicht genau.
Florian Bayer: Er stirbt ja nachher auch tatsächlich, aber ich finde auch davor schon. Ja,
Johannes Franke: wirklich?
Florian Bayer: Es fühlt sich so an, als würden hier zwei Leute um sein Leben spielen. Ich hab sie fast als so eine Verkörperung des Todes wahrgenommen.
Johannes Franke: Okay, ja.
Florian Bayer: Weil sie ist auch die, die dieses Kartenspiel voll im Griff hat. Und er wirkt eigentlich so ein bisschen unsicher.
Johannes Franke: Sie ist ja auch die Statue, ne? Ja. Ich weiß nicht, ob das dann sozusagen für ihn. Eine Verbindung herstellt zwischen seinem Kunstwerk, der Statue und dass das Kunstwerk dann dazu führt, dass er sich umbringt. Vielleicht ist das Kunstwerk zu Ende.
Florian Bayer: Du stirbst, wenn dein Kunstwerk stirbt.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Deine Unsterblichkeit.
Johannes Franke: Also, du musst sterben, um dann wieder ein neues Kunstwerk anfangen zu können. Das ist sozusagen die Wiedergeburt für das nächste Projekt. Ja.
Florian Bayer: Ja, warum nicht?
Johannes Franke: Da ist ich mir gerade aus dem Hintern gezogen.
Florian Bayer: Ich bin einfach so angetan von diesem Engel, der dann kommt. Ja, der ist toll. Und der sich wirklich liebevoll um den Jungen kümmert. Wir haben immer noch diese komplett ignorierte Leiche auf dem Boden. Vielleicht auch das wieder so ein Stück, wirklich? Eine Erinnerung an die Kindheit. Die Kindheit wird... Das Unschuldige wird beerdigt. Und dieser Engel, Und Sie ignorieren einfach die Leiche, die da liegt. Er klaut noch das Herzass aus der Jacke des Jungen. Und dann kommt der Engel und deckt ihn wirklich liebevoll zu, wie man einen Toten eben bedeckt. einmal, den gesamten Körper.
Johannes Franke: Ich finde, dass es zu meiner Interpretation auch passt, dass das Theaterpublikum dann nochmal schön applaudiert. Ja. Weil also, er hat das Kunstwerk vollendet. Er muss sterben, damit er ins nächste Projekt gehen kann. Und das Publikum applaudiert noch schön. Hier, hier, hier, brav, brav, brav. Habt Ihr schön gemacht.
Florian Bayer: Nächstes. Seine Kunst zeichnet sich ja auf ihm ab. Er schießt sich Und dann haben wir dieses Pentagramm schon wieder. Und aus dem Pentagramm tritt das Blut aus. Und er wird von seinem Kunstwerk gezwungen, sich umzubringen. Er sieht sich irgendwie gezwungen, sein Leben zu beenden. Ja, merkwürdig. Merkwürdig. Merkwürdiger Film. So als Resümee schon mal. Und das war die Szene. Die wussten nicht. Die, die da mitgespielt haben, der weiß nicht, dass Sie hier den Selbstmord eines Mannes bejubeln. Ja. Und dann haben Sie das gesehen und haben gesagt, Alter, was machst du mit uns? Wie lässt du uns dastehen? Das geht ja wohl gar nicht.
Johannes Franke: Und stattdessen kam Babette rein, ne? Oder wie heißt sie? Oder er? Also, es war ein, wie damals, hieß es, Damenimitator. Ja. So nannte man das also früher. Und das ist halt einfach entweder... Also können wir heute nicht wirklich beurteilen, beziehungsweise. Ich habe nicht so viel recherchiert, um das rauszufinden, Ob Babette jetzt queer, einfach nur Travestie betrieben hat oder was auch immer.
Florian Bayer: Die Kräften waren damals auch fließend, weil für Transpersonen war es ein Ausweg, sich so auszuleben.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Ohne das bewusst sagen zu können, dass sie einfach eine Frau sind oder ein Mann sind. Und gleichzeitig gab es, wie es in der Kulturgeschichte immer gab, Crossdressing, also einfach Leute, Die Spaß daran hatten. Sich wie Männer oder wie Frauen anzuziehen, obwohl sie zum anderen Geschlecht gehören. Und dieses Bewusstsein dafür, Was bedeutet Transgeschlechtlichkeit, Was bedeutet Trackreen, Was bedeutet Crosstressing? Und so, das gab es einfach noch nicht. Aber was? Es gab offensichtlich, Und das sollte man jedem Rechten in die Fresse hauen, Ein etwas, was über die Zweigeschlechtlichkeit hinausgeht, Nämlich einfach ein Spiel mit Geschlechtern, ein Spiel mit Geschlechtsidentität. Mit Geschlechtsrollen und alles das, was die Rechten heute als WOG empfinden. Es gab es 100 Jahre früher, Leute, guckt es euch an.
Johannes Franke: Genau. Und es gab es auch 200 Jahre früher, 400 Jahre früher. Menschen sind Menschen, so ist das einfach.
Florian Bayer: So geil ist es. Gerade wird ja so gerne von Rechten rumgeteilt, guckt euch mal an, diese Krankheit Trans. Wie die sich entwickelt und wie viele Transleute es auf einmal gibt. Was man dagegen halten kann, ist wunderbar. Diese Statistik, Wie viele Linkshänder es auf einmal gab, in den 1960ern, als das Linkshändertum akzeptiert wurde. Natürlich gibt es heute mehr, weil die Leute sich im besten Falle einfach zeigen können, so wie sie sind. Und weil die Leute ihre Identität ausleben können.
Johannes Franke: Also, es gibt nicht mehr. Es gibt nur mehr in der Öffentlichkeit. Genau.
Florian Bayer: Das ist alles. Und das ist natürlich auch letzten Endes das, was der Konservatismus halt machen will. Menschen unsichtbar machen, die anders sind. Und dieser Film zeigt sehr schön, gerade weil er halt auch aus dieser Kunst-Avogad-Gruppe entsteht, Wie viel anders es gibt und wie viel anders es vor allem auch schon 1930 gab.
Johannes Franke: Ja, super. Also, ich würde tatsächlich immer wieder diesen Film einem Jodorowsky vorziehen, muss ich sagen. Ich fand ihn tatsächlich super interessant. Und nur wenig Stellen, wo ich dachte, Ach ja, weiß ich nicht genau. Also, als es zu erzählerisch wurde. fast, war ich mal kurz in so einem Moment. Aber ansonsten fand ich ihn wirklich toll.
Florian Bayer: Also ich finde, er passt wunderbar in diese Reihe. Früher expressionistischer Stummfilm. Früher surrealistischer Stummfilm.
Johannes Franke: Er ist kein Stummfilm. Ja,
Florian Bayer: genau. Er fühlt sich an wie ein Stummfilm an vielen Stellen. Früher surrealistischer Film. Wesser? Ja.
Johannes Franke: Ja, ja, sehr gut.
Florian Bayer: Und ich finde, was ich cool, finde tatsächlich, Es funktioniert offensichtlich auch auf 50 Minuten.
Johannes Franke: Total.
Florian Bayer: Es gibt viele andere, die Kürzer sind, wo man denkt, oh, würde das auch funktionieren, wenn man es auf eine Stunde ausdehnt? Funktioniert. Und ich mag einfach auch dieses Assoziative, und ich mag diesen Wandel durch Räumlichkeiten, dieses Auseinandersetzen mit Assoziationen. Ich finde es halt tatsächlich stark, was spätere Regisseurinnen des Surrealismus gemacht haben, mit diesen Ideen und wie sie es geschafft haben, diese experimentellen Filme, und Sowas wie Kino zu überführen. Und Jodorowsky ist da für mich ganz weit vorne. Das ist einfach jemand, der das geschafft hat, zu machen. Und trotzdem dieses Experimentelle, soweit es ging, beibehalten hat. Buñuel hat das auf eine andere Art geschafft. Buñuel hat es geschafft, indem er diese grotesken Situationen ein bisschen mehr politisiert hat. Und vor allem ein bisschen mehr mit Unterhaltung und mit Witz gespielt hat. Buñuel fühlt sich an wie Monty Python ganz oft. Vor allem diese... Anekdotischen Filme, die er hat, die auch aus einzelnen Sequenzen bestehen, wie das Gespenst der Freiheit oder der Diskretichant der Bourgeoisie. In denen macht er das auch. Da springt er von Sequenz zu Sequenz. Und es passieren in diesen Sequenzen. Aber Dinge, die ein bisschen Bizarrer sind, ein bisschen Alberner sind. Und dadurch kann man da sehr gut dranbleiben. Ich find's total spannend, was David Lynch dann später gemacht hat, dass er einfach gesagt hat, okay, Ich nehm jetzt so Versatzstücke des Surrealismus und mache daraus Horrorfilme oder Mystery-Fiction-Filme, whatever. Ich würde das nicht gegeneinander aufwiegen. Ich hatte wahnsinnig viel Freude an dem Film jetzt. Es ist natürlich auch irgendwie so ein Prototyp für eine bestimmte Art Kino zu sehen. Und daher allein wirklich historisch, einfach unglaublich wichtig. Aber ich glaube, wenn es darum geht, ein Filmabend zu machen, sich hinzusetzen. Mit Popcorn, Dann würde ich einen Jodorowsky eher nehmen. Oder einen Bonoel oder einen David Lynch. Einfach, weil es das rundere Gesamtfilmerlebnis ist.
Johannes Franke: Ja, ja vielleicht.
Florian Bayer: Du hast nach dem Film gesagt, das war einer der wenigen Kommentare, die wir ausgetauscht haben. Und jetzt können wir zum anderen Kunstwerk gehen, zum nächsten Kunstwerk. Und das hatten wir ja schon mal, Wir hatten öfter mal diese Gespräche, wo du gesagt hast, ja, es gibt diese Filme, Die fühlen sich an wie Teil einer Ausstellung. Ja,
Johannes Franke: ja, total. So eine Kunstinstallation.
Florian Bayer: Gibt es auf jeden Fall. Sehe ich auch so ein... Den sehe ich jetzt nicht als so einen, und ich sehe auch die meisten surrealistischen Filme. Nicht als solche, weil dafür passiert zu viel. Diese Ausstellungsfilme sind ja eher so eine Repetition. Sowas wie Andy Warhol, der 18 Stunden lang das Empire State Building filmt, Die Sonne aufgeht. Das ist Teil einer Ausstellung. Aber Andy Warhol, wie er seine Freunde beim Ficken filmt, Kein Teil einer Ausstellung.
Johannes Franke: Nein, das will auch keiner sehen.
Florian Bayer: Ich habe jetzt, Jetzt kommt wieder der Spruch, wenn sie doch wenigstens die ganzen Ideen gefickt hätten, Aber Sie haben nur geredet.
Johannes Franke: Sie haben nur geredet. Hört euch die Episode an über, Wie hieß der Blue Movie von Andy Warhol, Wir haben darüber geredet oder gestritten.
Florian Bayer: Und ich finde vielleicht, um den auch noch reinzuwerfen, Tarkovsky, Wir haben uns der Spiegel angemauert und Stalker, der auch ganz viele Momente des Surrealismus aufnimmt, aber auch wiederum der, Was erzählt, Was sehr spezifische Emotionen transportiert.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Das ist vielleicht auch wunderbar, weil es geschlossen ist. Dieser Film hat so, ich weiß nicht, ob der jetzt Albern sein will, Ob er traurig sein will, der will gar nicht sein, Ich weiß, ob er spannend sein will. Es kommen halt, so die verschiedenen Fetzen, so rein, aber es bleibt nichts. kleben.
Johannes Franke: Und das finde ich interessant.
Florian Bayer: Und bei Tarkovsky zum Beispiel bleibt, was kleben. Bei Tarkovsky bin ich emotional wirklich bewegt. Und bei David Lynch bleibt, was kleben, weil ich Angst habe oder weil ich angespannt bin. Und bei Jodorowsky bleibt, was kleben, weil ich Pilze konsumiert habe. Es ist einfach, was, was hängen bleibt. Und das ist bei dem Film anders.
Johannes Franke: Ich würde tatsächlich jetzt, wo du Lynch nochmal reinwirfst und so weiter, Aber Lynch habe ich jetzt nicht so pur in dieses pure Surreale hineingekommen. Ist es ja auch nicht. Er ist ja Pop, viel mehr.
Florian Bayer: Ja, Lynch ist so, Lynch zeigt, wie viel Mainstream man aus Surrealismen macht. Bis zu dem Punkt, dass die Filme wirklich von vielen Leuten geguckt werden.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Bis es immer noch Experimentalfilme sind.
Johannes Franke: Ja. Und deswegen ist er aber auch nicht mehr im klassischen Surrealismus. Nee. Und deswegen ist auch, Wen, hattest du jetzt noch? Jodorowsky? Nicht. Jodorowsky. Tarkovsky. Tarkovsky. Tarkovsky Eben auch nicht nur Surrealismus, Weil dafür hat er viel zu viel Geschichte tatsächlich drin.
Florian Bayer: Definitiv. Also gerade David, Lynch und Tarkovsky sind halt. Regisseure, wo ich sage, die greifen Elemente einfach auf vom Surrealismus.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Und die haben ihren Cocteau gesehen. Also, wenn du dir anschaust, was für eine Bildsprache Lynch nutzt.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Wir haben über Eraserhead gesprochen, noch gar nicht so lange. Das ist voll. Cookto. Da ist so viel drin, was wir bei Cookto finden.
Johannes Franke: Das stimmt.
Florian Bayer: Für mich sind noch, also, ich will es jetzt nicht ganz so Krass. Puristisch sagen, dass es nur diese 20er, 30er Jahre sind, Das Surreale Kino. Ich finde, Jodorowsky ist noch ein gutes Beispiel für einen post-surrealistischen Surrealismus-Regisseur, der genug Trademarks davon drin hat, um da reinzufallen. Und ja, dann wird es schon schwierig, tatsächlich. David Lynch, ja, ich weiß nicht. David Lynch hat halt diese Traumlogik, ne?
Johannes Franke: Ja, das stimmt. Ja. Dieses Assoziative sehr stark.
Florian Bayer: Und gerade Eraserhead. Eraserhead fühlt sich sehr viel an wie Cocteau.
Johannes Franke: Ja, das stimmt.
Florian Bayer: Auch die Bildsprache und die Art der Dramaturgie.
Johannes Franke: Das ist halt,
Florian Bayer: wo Cocteau eher ein Alberner Traum ist, ist Eraserhead ein Albtraum.
Johannes Franke: Ja, stimmt. Interessant. Naja, Die Leute, Landsleute, Die Zeitgenossen waren nicht alle begeistert. Also, der Film ist nicht unbedingt komplett gut aufgenommen worden. Vor allem eben, weil er auch im Zusammenhang mit dem anderen Film, Wie heißt der Film noch gleich?
Florian Bayer: Das Goldene Zeitalter von Baudelaire, der einen riesigen Skandal ausgelöst hat. Und dann haben Sie gesagt, den, hier wollen wir auch erstmal ein bisschen zurückschneiden.
Johannes Franke: Genau. Und er hatte natürlich großen, großen, großen Beef mit den anderen Surrealisten, Weil er sich auch an das Manifest nicht gehalten hat. Und irgendwie persönlich kamen die auch irgendwann scheinbar nicht klar. Und der eine hat tatsächlich auch Coctose Mutter angerufen. Und ihr erzählt, er hätte... Cocteau umgebracht. Oh Gott. Mehrmals. Also einmal hat er ihn überfahren, einmal hat er ihn angeblich erschossen. Weißt du, also so tief geht der Beef, dass man solche Sachen macht. Das ist schon echt seltsam.
Florian Bayer: Cocteau war kein Breton-Fan? Breton war kein Cocteau-Fan? Sie haben nie so richtig übereinander geschrieben, aber also Cocteau hat sehr angepisst, reagiert, wenn man ihn gefragt hat, ob er Surrealist, ist. Und, Ah, doch, Breton hat mal was zu Cocteau gesagt. Er hat nämlich gesagt, das ist, das ist ein Lügner und Betrüger. Und das ist jemand, der alles, was er berührt, entwertet. Das ist schon ziemlich hart. Aber es ist halt auch frühes 20. Jahrhundert Moderne. Und die hatten immer mal Beef. Das war damals was, was die Rapper heutzutage auch machen. Die hatten ihre Beefs, und die haben dann übereinander hergezogen.
Johannes Franke: Ja, auch mit Picasso und so. Er war gut mit Picasso bekannt. Vielleicht sogar befreundet, wie tief das ging. Ist immer schwer zu sagen, aber die haben schon viel zusammen gemacht. Und es war auch interessant, wie er sich dann mit den Nazis verhalten hat und so. Also, da muss man über Cocteau, kann man auch nochmal ein bisschen genauer reden, was der noch so alles gesagt und gemacht hat. Der hat sich ja tatsächlich in Paris, als die Nazis Paris eingenommen haben, hat er sich entschlossen, in Paris zu bleiben. Und das als offen lebender bisexueller Mann. Und der auch wirklich... Bekannt wie ein bunter Hund war. Also, der hat sich umgetrieben. Das war nicht einer, der zu Hause geblieben ist und das ganz heimlich. Alles so. Nee, nee. Den kannte jeder und den Wusste auch jeder, was da bei ihm so los ist.
Florian Bayer: Und war mit Arno Präger befreundet, ne?
Johannes Franke: Ja. Am Anfang hat er noch sehr schlechte Sachen über Hitler gesagt, Gott sei Dank. Aber dann hat er sich auch von einem bekannten Mal so ein bisschen überzeugen lassen, dass Hitler das Beste für die Künstler will. Und dann war er auch so ein bisschen so, ja, ach, der ist doch... Der schützt uns doch auch als Künstler und so. Wo man dann auch denkt, ah, lass dich nicht bequatschen, das ist alles Blödsinn.
Florian Bayer: Man muss halt dran denken, dass er auch die ganze Zeit vollgepumpt war mit Drogen.
Johannes Franke: Das auch, ja.
Florian Bayer: Also Cocteau war nie ein politischer Mensch, Im Gegensatz zu anderen modernen Künstlern hat er sich nie so klar positioniert. Er war mit Arno Breger befreundet, der einfach mal ein Nazi-Aushängeschild war.
Johannes Franke: Ja, der die Statuen gemacht hat und so. Ja,
Florian Bayer: der hat einfach Kunst für Nazis gemacht und war von den Nazis extrem hofiert. Und er hat auch nie mit dem gebrochen. Oder hat das nie kritisch beurteilt und hat mit ihm auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiter zusammengearbeitet. Und es gab einfach keine, Es geht ja gar nicht darum, dass er komplett mit seinem Freund brechen muss, Aber es gab überhaupt keine Auseinandersetzung, damit. Und Cocteau war einfach kein politischer Mensch. Und das ist natürlich auch so ein Ding, Ich glaube, das ist ein Moment des Surrealismus. Auch Dali. Noel ist vielleicht so ein bisschen eine Ausnahme, der viele, Und es gibt auch Ausnahmen bei den traditionellen Surrealisten, Die haben sich eben so ein bisschen schon der Politik verschlossen und die haben ihr Ding gemacht, was halt einfach so freudjahnig, hedonistisch und auch Provokant war, aber keine antifaschistische Agenda, zum Beispiel hatte.
Johannes Franke: Obwohl er sich auch stark gegen Rassismus ausgesprochen hat, muss man auch sagen. Es gab auch ein paar gute Zitate. Es ist, naja, Es ist ein Hin und her und ein schwieriges Leben, wahrscheinlich auch in der Zeit. Und wenn man eigentlich nicht politisch sein will und dann auch sich dann vielleicht mal zu einer Aussage hinreißen, lässt, aber dann wieder zurückrudert und sagt, nee, ich will da eigentlich nichts mit zu tun haben.
Florian Bayer: Gefühlt, Auch wenn ich seine Filme sehe, würde ich behaupten, Koguto war in erster Linie Hedonist.
Johannes Franke: Ja, ja, ja, ja. Also zumindest auch nach dem, was ich so gelesen habe, wie er so war. Was ist so? Erlebt hat in Paris. Er war großer Liebhaber vom Ballett. Das sieht man, finde ich, auch in diesem Film, Wie sich die Leute bewegen und wie das inszeniert ist und so. Und sein erstes Ballett, das er selbst geschrieben hat,
Florian Bayer: Parade,
Johannes Franke: wurde, Ich glaube, 1917 in der Zeitung besprochen und da hat schon jemand das Wort Surreal benutzt. Was für mich so ein bisschen? Der ironische Hintergrund war. Der ironische Kreisschluss ist, dass man sagt, er will die ganze Zeit von dem Surrealismus weg, Aber eigentlich ist er derjenige, wo die ersten Beschreibungen in Richtung Surrealismus gehen. Finde ich sehr lustig.
Florian Bayer: Er war einfach ein Surrealist, er kommt da nicht drum herum. Er hat sich wirklich merkwürdig geäußert dazu und hat gesagt, ja. Die Surrealisten wollen in den Traum hinabsteigen, Ich will den Traum mehr über das Leben stören. Ich verstehe es nicht mal. Ich versuche es jetzt gerade wieder zu zitieren. Er sagt... Die Surrealisten machen das mit dem Traum. Ich mache, was komplett anderes mit dem Traum. Und dann beschreibt er genau das, was die Surrealisten mit dem Traum machen. Und du sitzt wirklich davor und denkst, ey, verarschst du dich gerade selbst? Verarschst du uns? Was soll das?
Johannes Franke: Sehr süß. Er legt auch Symbole nach seiner eigenen Aussage ab.
Florian Bayer: Ja, fuck off.
Johannes Franke: Handlungen oder Allegorien, Diese Handlungen sind es bei ihm. Nein, es sind Symbole.
Florian Bayer: Fucking Symbole. Ich bin nicht das, ich bin das. Anderer Begriff für das Bitte hier einfügen. Aber total spannender Regisseur. Und ich freue mich drauf. Also die Schöne und das Biest will ich auf jeden Fall noch gucken. Ja,
Johannes Franke: das wollte ich auch.
Florian Bayer: Testament des Orpheus Will ich auch noch gucken. Ich glaube, es lohnt sich, sich ein bisschen mehr mit ihm auseinanderzusetzen. Auch was so die Entwicklung des surrealistischen Kinos, Entschuldigung, Es ist einfach, Er ist ein surrealist. Was die Entwicklung des surrealistischen Kinos betrifft, weil ER hat in... Bis in die 60er Jahre hinein dann getreten. Bis 1960. 1960 Das Testament des Orpheus war sein letzter Film.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und Bonoel hat ja auch noch lange getreten, hat auch noch viele Filme gemacht. Und nachdem ich Orpheus gesehen habe, habe ich das Gefühl, er, Cocteau funktioniert ein bisschen anders als Bonoel. Und der hat aus seinen Ideen, Wie Surrealismus funktioniert, Was anderes gemacht. Und es ist natürlich immer spannend, auch zu sehen, wie so avantgardistische Bewegungen. Eine Zeit lang parallel laufen. Und sich dann sehr weit auseinander bewegen können.
Johannes Franke: Ja, wie Nouvelle Vague ja auch in alle möglichen Richtungen gegangen ist.
Florian Bayer: Die Nouvelle Vague ist ein Musterbeispiel dafür, wo wir wirklich so jemanden haben wie Godard, der immer experimenteller wurde und irgendwann unsehbar war. Und dann haben wir auf der anderen Seite jemanden. Wie Truffaut, der den Romantiker in sich entdeckt hat und wirklich wunderschöne romantische Filme gemacht hat. Oder wir haben so jemanden wie Mal, der dann nach Hollywood ist und witzige amerikanische Filme gemacht hat. Es ist total interessant.
Johannes Franke: Cocteau ist Oktober 1963, Also auch nicht lange, nachdem er den letzten Film gedreht hat, gestorben mit 74 Jahren. Einfach ein Herzinfarkt und Edith Piaf genau einen Tag später. Die waren befreundet. Die waren sehr eng, befreundet. Ach man.
Florian Bayer: Es gibt in Menton, im Süden Frankreichs, gibt es ein Jean Cocteau Museum. Falls Ihr Mal da seid. Keine Ahnung, ich war nicht da. Aber wo man vorbeischaut.
Johannes Franke: Jetzt haben wir einmal einen großen Bogen um Cocteau gemacht. Wollen wir uns einmal flüchten, bevor wir in unser Fazit gehen, indem wir flüchten in unsere Top 3?
Florian Bayer: Auf geht's.
Johannes Franke: Top 3. Ja, meine Top 3. Und zwar hast du Dir spiegelszenen gewünscht.
Florian Bayer: Wir schauen in Spiegel.
Johannes Franke: Also die Filmgeschichte muss ich sagen, ist voll von Spiegelszenen. Ja, absolut. Also Regisseure. Und wenn es nicht die Regisseure sind, dann spätestens die Kameramänner sind obsessed mit Spiegeln. Ja, absolut. Und wenn es nur dieser typische Reveal eines Horrorfilms ist, dass der Battspiegel zugeklappt wird. Und dann steht hinter Dir jemand. Absolut.
Florian Bayer: Und es ist total... Total toll. Also, man kann, es ist oft billig.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: oft. Aber wenn du es gut hinkriegst, dann sind das richtig fantastische Jumpscares, wenn plötzlich jemand hinter dem SPIEGEL steht.
Johannes Franke: Oder also überhaupt mit Spiegeln, was alles möglich ist. Wir haben wahrscheinlich einen Haufen. Honorable Mentions. Wollen wir die am Ende dann machen, noch?
Florian Bayer: Gerne. Ich habe tatsächlich nur drei aufgelegt. Ich habe nur meine Top 3 gekriegt.
Johannes Franke: Du Hast Nur Deine Top 3?
Florian Bayer: Ich habe es ganz einfach gehalten.
Johannes Franke: Das gibt es ja wohl nicht.
Florian Bayer: Ich habe also honorable, Mentions, könnte ich eins nennen und das ist. Tarkovsky, DER Spiegel. Ich weiß, der ist voll mit. Spiegel-Szenen, Aber ich habe keine gefunden, die so Krass heraussticht, dass er nicht in der Top 3 gelandet ist.
Johannes Franke: Ja, bei mir eben auch nicht.
Florian Bayer: Und er ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme, aber ich könnte nicht aus dem Kopf sagen, und da war diese eine geniale. Spiegel-Szene. Obwohl wir viele Spiegelungen sehen in diesem Film. Stattdessen, du musst anfangen.
Johannes Franke: Ich würde anfangen, ich hätte auf Platz 3, Ich habe This One noch nicht reingenommen, obwohl This One wirklich sehr stark mit Spiegeln, spielt. Und auch kameratechnisch Der absolute Hammer ist, weil die Kamera ja... Nie im SPIEgel auftaucht und man aber Szenen hat, wo man denkt, ja. Jetzt muss aber die Kamera doch mal durch den Spiegel zu sehen sein, Sonst würde diese physikalisch gar nicht möglich sein. Und der hat das wirklich echt wahnsinnig. Krass rausgerendert, Diese Kamera, die da im SPIEGEL war. Krasser Film, Was das betrifft, auch. Aber ich hab dann doch den ikonischen Taxi Driver genommen.
Florian Bayer: Mein Platz 3.
Johannes Franke: Dein Platz 3?
Florian Bayer: Mein Platz 3 auch.
Johannes Franke: Ja, er steht da vor sich im Spiegel, Robert De Niro und übt da sein I Talk and the me. Ja.
Florian Bayer: Was für eine großartige und natürlich auch ikonische Szene. Ja,
Johannes Franke: Total krass.
Florian Bayer: Oft parodiert.
Johannes Franke: Ja, sehr oft.
Florian Bayer: Oft kopiert.
Johannes Franke: Ja, und La Henn nochmal irgendwie aufgetaucht, oder?
Florian Bayer: Ja. Oh, la Henn müssen wir irgendwann mal schauen.
Johannes Franke: Ja, das wäre mein Platz 3. Auch absoluter Klassiker, natürlich. Ja. Was ist dein Platz 2? Achso, dann muss ich ja. Du musst weitermachen. Nein, nein. Okay, dann mache ich mit den Marx Brothers weiter. 1933 Kam Duck Soup raus. Ich bin, muss ich feststellen, nachdem ich meiner Kindheit entwachsen bin, gar nicht der große Marx Brothers Fan. Warum auch immer haben die Marx Brothers eine Art von Slapstick Humor, die mir heute nicht mehr so richtig entspricht. Irgendwie finde ich, fällt das alles ein bisschen zu brutal und zu seltsam aus. Aber duck Soup hat diese eine wundervolle Szene, wo Sie einen SPiEgel imitieren. Der kommt von der einen Seite an etwas vorbei, was ein Spiegel sein könnte, Aber da ist keiner, sondern da kommt halt gleichzeitig der andere Typ vorbei. Und die machen halt gleichzeitig, die imitieren sich da. Der eine geht zwei Schritte zur Seite, der andere geht auch zwei Schritte zur Seite. Die haben das Gleiche an, die sehen gleich aus und machen ihr Ding. Und der eine testet natürlich den anderen dann auch und macht überraschende Dinge. Und der andere schafft es dann zur gleichen Zeit, die gleichen Sachen zu machen. Und so. und... Das ist echt eine spannende Szene, die auch bei Chaplin auftaucht. Und ich glaube, die einfach bei jedem Künstler aus den 20er, 30ern auftaucht, weil das so eine alte Woodville-Nummer ist. Die einfach auf Bühnen so totgespielt wurde, dass die einfach jeder kannte, Jeder konnte eine Variante davon. Und dann hat die jeder, der irgendwann mal berühmt geworden, ist, in einen seiner Filme verarbeitet. Sowohl Chaplin, Ich glaube, auch Buster Keaton hat das irgendwo und eben die Marx Brothers. Ich fand von den Marx Brothers tatsächlich sehr, sehr gut ausgearbeitet.
Florian Bayer: ICH HAB nie... Ich glaube, ich habe nie einen Marx Brothers Film komplett gesehen.
Johannes Franke: Vielleicht ist auch gut so.
Florian Bayer: Ich kenne auch nur einzelne Szenen, und ich kenne sogar die Szene, von der du erzählst.
Johannes Franke: Ah ja, okay.
Florian Bayer: Und genau, habe ich wahrscheinlich auch in Szenen verschiedene Slapstick-Varianten gesehen. Marx Brothers, Tatsächlich nie wirklich Kontakt gehabt. Auch so eine wirkliche Film-Lücke.
Johannes Franke: Ja, ich weiß nicht, ob wir das im Podcast... Ich fand die dann immer doch irgendwie ein bisschen zu anstrengend, die Filme, muss ich sagen. So kleine Ausschnitte auf YouTube, super gerne. Gibt tolle Sachen, aber die ganzen Filme... Was ist dein Platz 2?
Florian Bayer: Mein Platz 2 ist einfach, weil er wirklich technisch so herausragend gemacht ist. Und ich habe ihn schon mal in irgendeinem anderen Zusammenhang genannt. Contact. Es gibt eine Szene in Contact, wo Jodie Foster, Also nicht Jodie Foster, sondern ein kleines Mädchen, das Jodie Foster als Kind spielt, Die Treppe hochrennt zu einem Badezimmerschrank. Und wir sehen das als Perspektive auf sie. Die Kamera läuft quasi ihr voraus, filmt sie und dann läuft sie durch die Gänge, TrePPE hoch, im zweiten Gang, in das Badezimmer. Und das ist der Moment, wo wir sehen, dass die Kamera eigentlich im SPIEGEL ist. Fantastisch geschnitten.
Johannes Franke: Absoluter Mindfuck-Moment, WEIL DU nicht... Damit rechnest, dass das jetzt der SPIEGEL ist.
Florian Bayer: Und jedes Mal, wenn ich die Szene sehe, obwohl ich weiß, was passiert, denke ich, wow, was? Hey! Großartiger Moment.
Johannes Franke: Guckt euch auf YouTube diese Szene an und dann noch eine Erklärung dazu, wie sie es gemacht haben, weil das ist echt, echt wahnsinnig kompliziert und wahnsinnig meisterhaft gemacht. Da muss man erstmal auf die Idee kommen, das so zu machen. Für einen Kameramann und einen Regisseur als Team ist das wirklich herausfordernd.
Florian Bayer: Dein Platz 1?
Johannes Franke: Mein Platz 1 ist Cabaret. Die letzte Spiegelung, Das letzte Bild. Ja. Also nur für euch, wer Kamera nicht gesehen hat, Es geht um die goldenen Zwanziger und die Richtung, die das Ganze irgendwann nimmt. Mit den Nazis. Die Nazis sind als Backdrop irgendwie immer wieder zu sehen, und dann wird mal jemand zusammengeschlagen. Und so. Aber die eigentliche Story ist der Tanz auf dem Vulkan mit Liza Minnelli und zwei Love Interests, die da irgendwie ihr Ding machen. Und man sieht aber immer wieder die Nazis. Und in diesem Kabarett, wo das zu großen Teilen auch spielt, sind am Anfang mal ein Nazi, der da rumläuft. Und am Ende des Films gehen wir wieder auf die Spiegelung einer auf der Bühne befindlichen Seite, glaube ich, die am Anfang gezeigt wird und ganz am Ende wieder. Und plötzlich, Ganz am Ende des Films, sitzen ein Haufen Nazis im Publikum. Und dir dreht es den Magen um, weil du genau weißt, wo es hingeht.
Florian Bayer: Das ist richtig fies.
Johannes Franke: Richtig, richtig fies, weil der Film das gut aufbaut und weil der Film auch dich musikalisch dahin bringt. Und dann plötzlich alleine lässt und du plötzlich keinen Halt mehr hast. Es ist super, super gut gemacht. Wir haben auch lange über den Film geredet, also gleich noch ein Werbeblock hinten dran.
Florian Bayer: Ist auch noch gar nicht so lange her, ne?
Johannes Franke: Ja, ja, ja.
Florian Bayer: Hört euch die Episode an, guckt euch den Film an.
Johannes Franke: Es ist ein fantastischer Film, ja.
Florian Bayer: Mein Platz 1, Persona von Ingmar Bergmann. Okay. Bibi Andersson und Liv Ullmann stehen vor einem Spiegel zusammen. Und ihre Gesichter sind verschmelzend. fast. Es ist ein filmvoller, großartiger Moment und es geht ganz viel um Identität. Und wenn man sich zu jemandem hingezogen fühlt, wie viel wird man zu dieser Person, Wie verschwimmen die Grenzen von Identitäten? Und dann gibt es wirklich diesen Moment, der relativ lange auserzählt, ist, wo sie einfach nur dastehen, in DEN SPIEGEL Gucken zusammen und quasi aneinander rumstreichen. Großartiger Moment, ganz fantastisch.
Johannes Franke: Auch darüber haben wir lange geredet. Ja. Aber in der Anfangszeit unseres Podcasts.
Florian Bayer: Ist schon relativ lange her. Es war einer der ersten Filme, die ich dir gegeben habe, weil es auch tatsächlich einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist. Mittlerweile, so das Lieblingsfilmmaterial ist ja mittlerweile, Und mittlerweile kommen jetzt eher die aus der zweiten Reihe. Irgendwann ist es nicht mehr. DER Muss-man-sehen-Podcast, Sondern den könntest du auch noch gucken.
Johannes Franke: Irgendwann den vielleicht, Naja gut, nichts anderes mehr da als Podcast. Ich habe noch ein, zwei andere Momente. Ja, bitte. Ich fand Red Room in the Shining, das, was er da an die Tür kritzelt und was dann andersrum. Murder heißt, war schon ganz gut gemacht, muss man sagen.
Florian Bayer: SPIEGEL Im Horrorfilm gut.
Johannes Franke: SPIEGEL Im Horrorfilm, wirklich gut umgesetzt. Und die Szene in Truman Show, wie er da sein Weltraumding, seine Fantasie umsitzt in seinem... Badezimmer spiegelt. Und Jim Carrey ist einfach gut in Improvisationen solcher Szenen. Der macht das echt gut. Ich liebe das sehr.
Florian Bayer: Eine sehr niedlich-witzige Szene und komplett improvisiert, ne?
Johannes Franke: Ja, genau. Auch über Truman Show haben wir geredet. Meine Güte. Gibt's überhaupt noch Filme, über die wir nicht geredet haben? Schickt uns gerne Filmvorschläge.
Florian Bayer: Und damit zurück in den heutigen Film.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und zu unserem Fazit.
Johannes Franke: Ja. Das war unsere Top 3. Fazit. Tja, MUSST du... Du bist ja nun auch Dichter, Flor. Künstler.
Florian Bayer: Die leidende Künstlerseele.
Johannes Franke: Die leidende Künstlerseele. Musst du blut lassen, um Kunst zu schaffen?
Florian Bayer: Nein. Dieser Künstler offensichtlich schon. Die modernen Künstler haben das alle geglaubt. Und nicht nur die modernen Künstler, sondern auch die schon im 18. Jahrhundert, im 17. Jahrhundert. Dieser ganze Geniekult, Künstlerkult, Der kann einem ganz gehörig auf den Sack gehen.
Johannes Franke: Ja, absolut.
Florian Bayer: Cooktour macht es ironisch genug.
Johannes Franke: Ja, würde ich auch sagen. Total. Und er verliert ja auch dieses Thema, so ein kleines bisschen, dann. Weil er sehr in diese Schneeballschlacht reingeht und so. Da ist das dann nicht mehr so auf die Nase. Aber ich muss sagen, ich mag den Auf-die-Nase-Teil sehr. Also, der ist mir lieber als der zweite.
Florian Bayer: Ich finde, In dem Film steckt sehr viel Selbstverliebtheit. Auch sehr viel prätentiöse Selbstverliebtheit eines Avantgardisten.
Johannes Franke: Obwohl es mich hier nicht stört, muss ich sagen.
Florian Bayer: Vielleicht auch ein Film, wo ich sagen würde, Es ist gar nicht unbedingt das Inhaltliche, sondern es ist vor allem die Bildsprache, die mich wirklich umhaut. Und es ist wirklich beeindruckend, auch vor dem Hintergrund, dass es ein Film aus dem Jahr 1930 ist, Was er schafft, zu erzählen und was für tolle Ideen. Er findet mit Bildern. Und wenn wir uns zum Beispiel nochmal, Ich weiß, ich komme zum dritten, vierten Mal auf diese Szene zurück, Uns anschauen, Wie der Dichter durch den Hotelflur geht, das kann mithalten. Mit Filmen wie Inception, wo auch Sowas erzählt, wird, Wie Realitäten sich biegen und Objekte sich Krümmen und Menschen verloren. dastehen. Vielleicht sogar besser, weil es wirklich gut inszeniert ist, mit einfachen Mitteln.
Johannes Franke: Vor allem, weil es haptischer ist. Ja. Weil bei Inception. Und so hast du so dieses Gefühl von Special Effects, die irgendwie in Kombination aus Computern, Seilen, die wegretuschiert werden, einem Hexenhaus-Kamera-Prinzip. Dass das alles zusammenkommt, und hier ist es pur einfach nur eine physikalische Idee, nämlich, die Kamera nach oben zu packen und das Set auf den Boden zu legen, sodass einmal die Physik anders funktioniert, als man es gewohnt wäre. Das reicht total. Das ist total haptisch und physisch greifbar, seinen Struggle da lang zu laufen. Super, ganz großartig.
Florian Bayer: Ja, absolut. Ein Film voller Toller Bilder, schöner Symbole, Motive. Gott sei dank kein Surrealismusfilm. Kategorien sind was für Konformisten. Genau. Ich finde ja, es ist ein Muss-man-sehen-Film.
Johannes Franke: Ich glaube auch, ich glaube auch, ja. Das ist der erste surreale, Also wirklich ursächlich surreale Film, den du mir zeigst, den ich wirklich empfehlen kann. Schön.
Florian Bayer: Dann kommen jetzt ab sofort ganz viele noch.
Johannes Franke: Cocteau, ganz viel Cocteau. Ich weiß nicht, wie ich dazu stehe. Der annalusische Hund ist auch eine Weile her, dass ich den gesehen habe, muss ich sagen.
Florian Bayer: Wir werden auf jeden Fall in diesem Podcast irgendwann noch einen Bruno L. Film besprechen, aber nicht den annalusischen Hund. Den kannst du dann meinetwegen als Bonus drauf gucken, der dauert ja auch nicht so lange. Ja,
Johannes Franke: ja, genau. Aber wenn wir Bruno L.
Florian Bayer: gucken, dann wahrscheinlich entweder der Diskret-Charme der Bourgeoisie oder das Gespenst der Freiheit, denke ich.
Johannes Franke: Okay. NA gut, okay.
Florian Bayer: Aber erst mal kommt Johannes dran mit einer Filmempfehlung.
Johannes Franke: Jawohl, Ich darf wieder.
Florian Bayer: Wenn Ihr Wissen wollt, was Johannes mir... Für nächste Woche vorsteckt und damit auch euch. Denn wie immer gilt, guckt euch den Film an, bevor wir darüber sprechen. Dann bleibt noch kurz dran. Ansonsten euch, wie immer, Vielen Dank fürs Zuhören. Toll, dass Ihr da seid.
Johannes Franke: Ja, für euch machen wir das Ganze. Naja, nicht ganz.
Florian Bayer: Wir machen die Kutz für ein, für zwei Personen, nämlich für uns. Aber wir freuen uns. Wir brauchen kein Publikum. Nein,
Johannes Franke: natürlich nicht.
Florian Bayer: Wir sind Künstler,
Johannes Franke: Mann. Also, wir sind froh, dass Ihr da seid. Und dass ihr da bleibt und dass ihr anderen Leuten, sagt, dass sie dazukommen sollen und euch zuhören sollen. Jeder soll euch zuhören, wie ihr über Cocteau redet. You must be fun at parties.
Florian Bayer: Wir haben es geschafft, eine Cocteau-Episode aufzunehmen, um ohne irgendeinen Wortwitz mit Cock zu machen. Verdammt, Willst du noch ein paar raushauen? Nein, Wir sind Künstler. Wir biedern uns nicht dem billigen Humor an. Vielen Dank für's Zuhören. Wir hören uns nächste Woche, beziehungsweise gleich nochmal mit Johannes Vorschlag. Bis dahin, ciao.
Johannes Franke: Bis dann, ciao. So, Flo, Wir haben da noch was.
Florian Bayer: Ja, was hast du denn für mich?
Johannes Franke: Ich habe für Dich einen Film, den ich wahnsinnig beeindruckend fand, als junger Mensch. Und heute denkt man so, uh, vielleicht ist der Film nicht so gut gealtert. Wir gucken rain Man. Uh.
Florian Bayer: Okay.
Johannes Franke: Ich hab mich damals wahnsinnig viel mit so, ähm, Autisten und Savants. Und so weiter beschäftigt und wahrscheinlich auf eine Art und Weise, wo jeder heute sagen würde, Oh, oh, oh, oh, oh, gar nicht gut für die öffentliche Wahrnehmung von Menschen mit Autismus. Ja. Und auch jeglicher Sonderform von Autismus und dem Spektrum allgemein. Ich glaube, der Film hat sich nicht so gut damit auseinandergesetzt.
Florian Bayer: Befürchte ich auch. Es ist lange her, dass ich den gesehen habe, Aber ich weiß natürlich, dass ich den auch emotional wirklich beeindruckend, fand, damals. Ja. Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Die Frage... Ich glaube, wir müssen da so rangehen, dass wir auch wirklich ein bisschen versuchen, ein bisschen education.
Johannes Franke: Natürlich, klar.
Florian Bayer: Weil dieser Film steckt so voller Klischees, die du nicht unbedingt reproduzieren, willst, zumindest nicht unwidersprochen reproduzieren. willst.
Johannes Franke: Genau, ja.
Florian Bayer: Andererseits ist es natürlich ein Hollywood-Klassiker. Ja. Und auch, soweit ich mich erinnere, ein emotional, wirklich bewegender Film, DER mich... Der mich auch wirklich bewegt hat, als ich ihn geguckt habe.
Johannes Franke: Vielleicht so ein bisschen Oscar-baity?
Florian Bayer: Bestimmt. Einer von den großen, originalen Oscar-bait-Filmen.
Johannes Franke: Ja. Ich bin sehr gespannt, weil ich weiß nur aus... Also, ich habe ihn natürlich so in Erinnerung, wie ich ihn damals fand, nämlich toll. Aber ich weiß, dass das Thema einfach schwierig ist.
Florian Bayer: Also, Ihr werdet nächste Woche uns zwei, Woken-Pappnasen dabei zuhören müssen, WIE wir... Wir versuchen, diesen Film aus den 80ern, aus einer anderen Ära zu beurteilen. Vielleicht auch so mit dem Blick, wie haben wir ihn damals wahrgenommen, wie nehmen wir ihn heute wahr?
Johannes Franke: Ja, ich bin sehr gespannt. Vielleicht stehen wir auch da und denken uns, ja, aber das hat doch der Film alles, Der hat es doch gut umrissen, da noch hier und dort und so.
Florian Bayer: Das glaubst du nicht wirklich. Nein,
Johannes Franke: das glaub ich nicht wirklich, aber ich weiß.
Florian Bayer: Ich bin sehr gespannt, ich freu mich drauf, den auch nochmal zu sehen. Das wird auf jeden Fall ein... Kurzwilliges Seherlebnis, denke ich, Aber es wird wahrscheinlich auch ein Seherlebnis mit einigen fremden Momenten.
Johannes Franke: Ja, ja. Never meet Your heroes. Warum habe ich das vorgeschlagen? Okay, also. Ich habe Angst davor, aber das wird gut. Alles wird schön. Seid dabei, guckt euch den Film nochmal ein und diskutiert dann mit uns. Gerne. Nächste Woche.
Florian Bayer: Bis dahin.
Johannes Franke: Ciao. Bis dann. Ciao.
